Chronisch Kranke haben mehr Lust auf Sport als auf gesunde Ernährung und Entspannung. Sport ist offenbar besser akzeptiert als Entspannungsübungen. Daher sollten Patienten nach ihrer Motivation zu Bewegung, Ernährungsumstellung und Entspannungsübungen befragt und Angebote während einer Rehabilitation individuell angepasst werden.
Chronisch Kranke haben mehr Lust auf Sport als auf gesunde Ernährung und Entspannung. Das zeigt ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Rentenversicherung gefördertes Projekt am Institut für Psychologie der Universität Würzburg. Der Psychologe Heiner Ellgring und seine Kollegen führten eine Studie mit 1.266 Patienten aus Rehabilitationskliniken durch, die an Krankheiten des Bewegungsapparates, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten. Um die Patienten zu einem gesünderen Lebensstil zu bewegen, sollte die eine Hälfte von ihnen in der Klinik an einem interaktiven Gruppenprogramm teilnehmen. Hier wurden Änderungen des Lebensstils diskutiert und konkret geplant. Die andere Hälfte der Patienten besuchte eine Vortragsreihe, die die gleichen Inhalte theoretisch vermittelte. Teilnehmer der interaktiven Gruppe waren mit dem Programm insgesamt zufriedener als Teilnehmer der Vortragsreihe. Gemessen daran, wie viele Patienten nach der Rehabilitation dauerhaft ihr Leben umstellten, gab es aber kaum Unterschiede zwischen beiden Angeboten.
Wenige Patienten in allen Bereichen gesundheitsbewusst
Etwa jeder dritte Studienteilnehmer gab schon zu Beginn der Rehabilitation an, regelmäßig Sport zu treiben, gegen Ende des Klinikaufenthaltes waren es sogar 60 Prozent. Eine erneute Befragung zwölf Monate später zeigte, dass die Patienten dauerhaft körperlich aktiv waren: Noch 55 Prozent trainierten mehrmals wöchentlich. Von einer Ernährungsumstellung und von Entspannungsübungen waren die Patienten weniger begeistert. Zu Studienbeginn aßen nur sieben Prozent der Patienten ausreichend Obst und Gemüse. Allerdings stieg dieser Anteil während der Rehabilitation an: Am Ende des Klinikaufenthaltes stand bei 16 Prozent der Patienten mehrmals am Tag Obst und Gemüse auf dem Speiseplan, nach einem Jahr noch bei 13 Prozent – also immerhin bei fast doppelt so vielen wie zu Studienbeginn. Der Anteil der Patienten, die regelmäßig Entspannungstechniken wie autogenes Training praktizierten, betrug zu Studienbeginn 13 Prozent, gegen Ende der Rehabilitation 38 Prozent und nach einem Jahr noch 24 Prozent. Interessanterweise lebte kaum ein Patient in allen Bereichen gesundheitsbewusst: Sportbegeisterte achteten wenig auf Ernährung und Entspannung und umgekehrt.
„Sport ist bei uns gesellschaftlich besser akzeptiert als zum Beispiel Entspannungsübungen. Zudem nimmt in der Rehabilitation körperliche Aktivität auch viel breiteren Raum ein”, kommentiert Projektmitarbeiterin Veronika Ströbl die Vorliebe der Patienten für Sport. Projektleiterin Andrea Reusch ergänzt: „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, die Patienten bezüglich ihrer Motivation zu Bewegung, Ernährungsumstellung und Entspannungsübungen zu befragen und dann die Angebote während der Rehabilitation individuell anzupassen. Ziel sollte es sein, in allen Bereichen einen gesünderen Lebensstil zu fördern.“
Ansprechpartnerinnen:
Andrea Reusch
Dipl.-Psych. Veronika Ströbl
Dipl.-Psych. Institut für Psychotherapie u. Medizinische Psychologie
Arbeitsbereich Rehabilitationswissenschaften
Marcusstrasse 9 - 11
97070 Würzburg
Tel.: 09 31/31-20 70
Fax: 09 31/31-20 78
E-Mail: a.reusch@mail.uni-wuerzburg.de, stroebl@mail.uni-wuerzburg.de