Professorin Dr. Erika von Mutius und Bettina Rankel vom Institut für Asthma- und Allergieprävention (IAP) am Helmholtz Zentrum München berichten anlässlich des Welt-Asthma-Tages am 2.5. über die Entwicklungen im Projekt PreventAsthma-2.
Professorin Dr. Erika von Mutius ist Leiterin des Instituts für Asthma- und Allergieprävention (IAP) am Helmholtz Zentrum München und erforscht die Rolle von genetischen Faktoren und Umweltexpositionen in der Entstehung von Asthma und allergischen Erkrankungen im Kindesalter. Bettina Rankl ist Koordinatorin für Arzneimittelentwicklung am Helmholtz Zentrum München und hat die Projektleitung für das Forschungsvorhaben inne. Das Forschungsvorhaben PreventAsthma-2 wird im Rahmen der GO Bio initial-Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Frau von Mutius, aktuell leiden weltweit 358 Mio. Menschen an Asthma. Asthma ist die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern, jedes 10. Kind ist betroffen. Warum ist Asthma nicht heilbar?
Asthma ist eine komplexe Erkrankung, die durch eine Vielzahl von genetischen und Umweltfaktoren bestimmt wird. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind aber nur teilweise aufgeklärt. Insbesondere bleibt unklar, warum es überhaupt zur Entstehung dieser Krankheit kommt. Solange die Ursachen verborgen sind, kann keine kausale Behandlung erfolgen, die die Krankheit auskurieren könnte.
Frau Rankl, in Ihrem Forschungsvorhaben PreventAsthma-2 nutzen Sie die Erkenntnis, dass Substanzen, die aus Stallstaub extrahiert wurden, präventiv gegen Asthma wirken können. Können Sie uns mehr zur Vorgeschichte des Vorhabens berichten?
Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, weisen einen Schutz vor Asthma auf, insbesondere wenn sie sich im frühen Kindesalter im Kuhstall aufhalten und unbehandelte Kuhmilch (Rohmilch) trinken. Diese Effekte haben sich als bemerkenswert konsistent erwiesen und reduzieren das Erkrankungsrisiko stark, um mehr als 70 Prozent. Diese Beobachtung konnte in Tiermodelle übertragen werden: Die intranasale Anwendung von aus Kuhstallstaub hergestellten Extrakten verhindert effektiv allergisches Asthma in Mäusen. Unsere Beobachtungen legen deutlich nahe, dass sich daraus ein effektives und wirksames Mittel für die Prävention von Asthma entwickeln lässt. Daher haben wir diese Stallstaubextrakte genauer analysiert. Wir konnten dabei spezifische Substanzen identifizieren, die höchstwahrscheinlich für den schützenden Effekt verantwortlich sind.
Frau Rankl, wie wollen Sie diese Erkenntnisse in Ihrem Forschungsvorhaben nutzen? Was sind die nächsten Schritte?
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen arbeiten wir nun daran, ein Produkt zur Asthmaprävention bei Kindern zu entwickeln. Dazu müssen die identifizierten Substanzen in Reinform hergestellt werden, um sie genau auf ihre Eigenschaften hin untersuchen zu können. Dies geschieht sowohl mit Hilfe von verschiedenen zellbasierten Experimenten, also quasi im Reagenzglas, als auch letztendlich im komplexen Tiermodell. Gleichzeitig versuchen wir dadurch, den Mechanismus genauer zu verstehen, der dieser schützenden Wirkung zugrunde liegt. Dies ermöglicht uns eine noch zielgenauere Entwicklung.
Frau von Mutius, was wünschen Sie sich für die Zukunft? Welche Vision verfolgen Sie?
Ich bin Kinderärztin und habe mich auf Asthma und andere allergische Erkrankungen im Kindesalter spezialisiert. Seit mehr als 30 Jahren betreue ich Patientinnen und Patienten in einer Spezialsprechstunde. Ich habe viele Kinder vom Säuglingsalter bis zum Erwachsenenalter begleitet und alle Facetten dieser Erkrankung kennengelernt. Das betrifft nicht nur die medizinischen Aspekte, sondern auch die psychosozialen Probleme wie Angst vor neuen Asthmaattacken, Angst vor Krankenhauseinweisung, Angst vor schweren allergischen Reaktionen oder Schwierigkeiten beim Durchhalten der Behandlung mit täglichen Inhalationen über Jahre hinweg – auch in der Pubertät, Schwierigkeiten im Sport bedingt durch die Atemnot usw. Unsere Vision ist daher, eine Vielzahl von Kindern vor einer Erkrankung mit Asthma zu schützen und damit das Leid der Betroffenen und deren Familien, aber auch die Kosten für die Gesellschaft zu verringern.