Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst bei nur einem Elternteil auf – meist bei der Mutter. Oftmals sind alleinerziehende Mütter nicht nur finanziellen, sondern auch hohen gesundheitlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Und diese Belastungen wirken sich auch auf die Kinder aus. Dann brauchen Mutter und Kind neben einer finanziellen häufig auch eine gezielte psychosoziale Unterstützung. Um ihr seelisches Wohlbefinden nachhaltig zu verbessern und die Mutter-Kind-Beziehung zu stärken, gibt es bundesweit ein besonderes Training für alleinerziehende Mütter, die psychisch belastet oder depressiv sind: die sogenannten PALME Gruppen.
Immer mehr Kinder wachsen nur bei einem Elternteil auf. In Deutschland leben schätzungsweise 1,6 Millionen Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren – in 90 Prozent der Fälle leben die Kinder bei der Mutter. Ein Kind allein großzuziehen, ist für viele Mütter eine große Belastung. Ihr Armutsrisiko ist stark erhöht und sie leiden häufiger an chronischen körperlichen und psychischen Erkrankungen. So ist auch das Risiko, depressiv zu werden, bei alleinerziehenden Müttern im Vergleich zu Müttern, die in einer Partnerschaft leben, bis zu dreimal höher. Die seelische Verfassung und die vielfältigen Belastungen der alleinerziehenden Mutter wirken sich oft auch auf ihre Kinder aus: Kinder, die mit nur einem Elternteil aufwachsen, haben im Mittel häufiger Gesundheitsprobleme, zeigen vermehrt Verhaltensauffälligkeiten und haben mehr Probleme beim Lernen und in der Schule als Kinder, die mit Mutter und Wenn Kinder nur mit Mama aufwachsen – gestärkte Beziehung für ein besseres Wohlbefinden Psychisch belastete alleinerziehende Mütter brauchen besondere Unterstützung Vater aufwachsen. „Damit psychisch beeinträchtigte Mütter den hohen täglichen Belastungen standhalten und den Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht werden können, brauchen sie nicht nur finanzielle, sondern auch psychosoziale Unterstützung. Und genau hier setzt unser PALME-Projekt an“, erklärt Prof. Dr. Matthias Franz vom Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
PALME steht für „Präventives Elterntraining für alleinerziehende Mütter geleitet von ErzieherInnen“. PALME ist ein im deutschsprachigen Raum bisher einzigartiges Programm für alleinerziehende Mütter, die psychisch belastet oder depressiv beeinträchtigt sind. Es wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis Ende 2008 im Rahmen des Förderschwerpunktes Präventionsforschung unterstützt. In Gruppensitzungen lernen die Mütter, die Beziehung zu ihrem Kind zu stärken, Stress besser zu bewältigen und mit den eigenen und den kindlichen Emotionen umzugehen. Mit Erfolg: „PALME hat einen positiven und nachhaltigen Effekt auf das Wohlbefinden der Mütter und Kinder“, erklärt Professor Franz. So verbessert sich nach der Teilnahme an PALME etwa die emotionale Kompetenz der Mütter, ihre psychische Belastung – vor allem aber ihre Depressivität – sinkt und ihre Lebensqualität steigt. Auch die Kinder profitieren von der Schulung ihrer Mütter: Kinder, deren Mütter an einer PALME-Gruppe teilgenommen haben, zeigen anschließend tendenziell weniger Verhaltensauffälligkeiten. „Ob es durch PALME auch zu einer Verbesserung des Miteinanders von Mutter und Kind kommt, können wir noch nicht abschließend beurteilen. Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Teilnahme an PALME Konflikten zwischen Mutter und Kind vorbeugen kann“, sagt Professor Franz.
Das PALME-Programm besteht aus 20 Gruppensitzungen und wird von einem speziell geschulten Gruppenleiterpaar (Erzieherin und Erzieher) durchgeführt. Die Mütter erhalten Informationen, es werden Gespräche geführt und praktische Übungen gemacht. Bundesweit gibt es mittlerweile etwa 120 zertifizierte PALME-Gruppenleiterinnen und -Gruppenleiter, sodass die Präventionsgruppen bereits in zahlreichen Städten in Deutschland angeboten werden können. Ein Schwerpunkt von PALME liegt auf der – oftmals auch unbewusst gesteuerten – emotionalen Beziehung zwischen Mutter und Kind. „Wir gehen davon aus, dass die emotionale Verfassung einer Mutter eng mit ihren erzieherischen Fertigkeiten zusammenhängt. Deshalb versuchen wir, zunächst die emotionalen Fähigkeiten der Mütter zu stärken und aufzubauen“, sagt Professor Franz. Bei PALME geht es also weniger um konkrete Vorgaben für die Erziehung der Kinder oder das Aufstellen von Regeln. „Hierin liegt auch der Hauptunterschied zu anderen Elterntrainings, in denen deutlich mehr auf die Vermittlung spezieller erzieherischer und verhaltensnaher Fertigkeiten gesetzt wird.“ In einer PALME-Gruppe soll hingegen die Beziehung zwischen Mutter und Kind gestärkt werden. Denn gerade depressive Verstimmungen, die bei alleinerziehenden Müttern gehäuft auftreten, beeinträchtigen das Einfühlungsvermögen in die kindlichen Bedürfnisse und beeinträchtigen so die Mutter- Kind-Beziehung. „Es ist unbestritten, wie wichtig eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind für die gesunde Entwicklung von Kindern ist“, betont Professor Franz.
Interessierte Mütter können sich im Internet unter www.palme-elterntraining.de über das für sie kostenfreie Programm informieren.
Weil PALME eine äußert wirksame Hilfestellung für alleinerziehende Mütter ist, wurde es kürzlich mit dem renommierten Heigl-Preis 2010 ausgezeichnet. Dieser mit 10.000 Euro dotierte Preis wird an herausragende Arbeiten aus dem Bereich der Psychotherapieforschung verliehen. Zurzeit arbeiten Professor Franz und sein Team aus Psychologen und Ärzten an einer Weiterentwicklung des PALME-Programms: Bei PALMEplus soll gleichzeitig zu den bewährten Sitzungen mit den Müttern auch ein Gruppentraining für die Kinder stattfinden. Auch ein Programm speziell für alleinerziehende Väter ist in Planung.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Matthias Franz
Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Tel.: 0211 81-18338
Fax: 0211 81-16250
E-Mail: matthias.franz@uni-duesseldorf.de