Mai 2024

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Wie der Körper das Lungengewebe nach einer viralen Entzündung heilt

Ein bestimmtes Protein mildert durch Influenzaviren ausgelöste Lungenschäden und könnte neue Therapien ermöglichen. Dies belegen Untersuchungen der natürlichen Reparaturmechanismen des menschlichen Körpers am Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL).

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Wie repariert der Körper Schäden des Lungengewebes nach einer viralen Lungenentzündung und wie lassen sich diese Prozesse therapeutisch beeinflussen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein internationales Forschungsteam unter Federführung von Professorin Dr. Susanne Herold, Wissenschaftlerin am DZL und Inhaberin der Professur für Innere Medizin, Infektiologie und experimentelle Pneumologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Infektionen mit Atemwegsviren wie Influenzaviren, den Auslösern der Virusgrippe, RS-Viren oder Coronaviren können eine virale Lungenentzündung auslösen, die im schlimmsten Fall zum Lungenversagen führt.

Ärztin mit Stethoskop beim Abhören von Lungengeräuschen

Infektionen, beispielsweise mit Influenzaviren, können Lungenschäden auslösen. Forschende des DZIF untersuchen, wie der menschliche Körper diese Schäden repariert, um neue Therapien möglich zu machen.

as-artmedia/Adobe Stock

„Fresszellen“ aus dem Knochenmark helfen auch der Lunge

Eine virale Lungenentzündung ist mit einem raschen Rückgang des Gasaustauschs in der Lunge verbunden, daher ist eine schnelle Regeneration des geschädigten Lungengewebes besonders wichtig. Eine entscheidende Rolle bei der Reparatur von entzündungsbedingten Lungenschäden spielen Makrophagen, auch Fresszellen genannt. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil in den Prozessen der Immunabwehr und sorgen unter anderem dafür, dass Erreger im Körper abgebaut werden.

Dabei unterscheidet man zwischen ortsunabhängigen Makrophagen, die bei Bedarf über das Blut zum Einsatzort gelangen, und „sesshaften“ Gewebsmakrophagen, die an ein spezifisches Gewebe gebunden sind, wie die Alveolarmakrophagen in der Lunge. Gewebeansässige Alveolarmakrophagen sind langlebige Zellen in den Lungenbläschen (Alveolen), in denen der Gasaustausch zwischen Blut und Atemluft stattfindet. Hier sorgen sie für stabile Verhältnisse im Lungengewebe (Gewebehomöostase) und sind an der unmittelbaren Abwehr von Erregern beteiligt. Frühere Studien haben gezeigt, dass Alveolarmakrophagen bei einer viralen Lungenentzündung dezimiert und im Verlauf der Infektion allmählich durch mobile, aus dem Knochenmark stammende Makrophagen ersetzt werden. Diese verwandeln sich in der entzündeten Lunge zu Alveolarmakrophagen.

Professorin Dr. Susanne Herold

Professorin Dr. Susanne Herold

Rolf K. Wegst

Protein mit therapeutischem Potenzial: Plet1

Auf der Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten stellten die Forschenden weitere Untersuchungen an, an denen neben dem DZL auch das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) beteiligt war, ein weiteres der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert. Das Forschungsteam hat herausgefunden, dass während des Transformationsprozesses der mobilen Makrophagen zu Alveolarmakrophagen in hohem Maße das Protein Plet1 produziert wird. Plet1 erfüllt eine wichtige Funktion für die Lungenreparatur, indem es die Vermehrung von Alveolarepithelzellen – spezialisierte Zellen, die die Lungenbläschen auskleiden – und die Wiederversiegelung dieser Zellschichtbarriere induziert.

Diese positiven Auswirkungen ließen sich auch von außen herbeiführen: Die Verabreichung von Plet1 milderte im präklinischen Modell die virale Lungenschädigung und führte zu einer deutlich schnelleren Erholung nach einer schweren Infektion, die ansonsten tödlich verläuft. „Wir haben erstmals einen Faktor identifiziert, der die Reparatur der geschädigten Lunge direkt vermittelt. Dieser Befund unterstreicht das therapeutische Potenzial von Plet1 zur Bekämpfung schwerer Lungenschäden bei einer viralen Lungenentzündung – und möglicherweise auch bei anderen Formen des akuten oder chronischen Lungenversagens“, so Herold. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL e. V.) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Sitzländern geförderter Zusammenschluss aus 29 führenden universitären und außeruniversitären Einrichtungen, die sich der Erforschung von Atemwegserkrankungen widmen. Im DZL wird die grundlagen-, krankheits- und patientenorientierte Forschung auf dem Gebiet der Lungenerkrankungen koordiniert und auf internationalem Spitzenniveau durchgeführt, um so die Translation grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in neue klinische Konzepte zur Verbesserung der Patientenversorgung zu beschleunigen.

Mehr Informationen: www.dzl.de

Originalpublikation:
Pervizaj-Oruqaj, L., Selvakumar, B., Ferrero, M. R. et al. Alveolar macrophage-expressed Plet1 is a driver of lung epithelial repair after viral pneumonia. Nat Commun 15, 87 (2024). DOI: 10.1038/s41467-023-44421-6

Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. med. Susanne Herold, PhD
Universitätsklinikum Gießen
Klinikstraße 33
35392 Gießen
Tel.: 0641 985-57061
E-Mail: susanne.herold@innere.med.uni-giessen.de

Pressekontakt:
Deutsches Zentrum für Lungenforschung e. V.
Alina Zidaric
Tel.: 0641 99-46721
E-Mail: contact@dzl.de