Im Kampf gegen Infektionskrankheiten können mathematische Modelle entscheidende Hinweise liefern. Im Modellierungsnetz MONID arbeiten die führenden Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet zusammen. In Halle trafen sie sich zur 2. Jahrestagung.
42 gesundheitliche Notlagen, 60 betroffene Länder, 166 Millionen erkrankte Menschen – mit diesen eindrücklichen Zahlen zog Julia Fitzner von der Weltgesundheitsorganisation WHO gleich zu Beginn der Tagung eine Bilanz des Infektionsgeschehens für 2023. Dabei ging es in diesem Jahr nicht mehr schwerpunktmäßig um SARS-CoV-2. Zu den besorgniserregenden Infektionskrankheiten weltweit zählten vielmehr unter anderem das Dengue-Fieber, die Cholera und das West-Nil-Virus. Immer wieder treten zudem neue Erreger auf, die im schlimmsten Fall neue Pandemien auslösen können. Um für solche Notlagen künftig besser gewappnet zu sein, haben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen im Modellierungsnetzwerk für schwere Infektionskrankheiten, kurz MONID, ihre Kräfte vereint. Bei der zweiten Jahrestagung des Netzwerks kamen in Halle mehr als 150 Forschende zusammen.
„Im Netzwerk MONID ist es Ihnen gelungen, die Modellierungskompetenz zum Thema schwerer Infektionskrankheiten in Deutschland erfolgreich zu bündeln und nach außen sichtbar zu machen“, sagte Mario Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), zur Eröffnung der Konferenz, die vom 13 bis zum 15. März 2024 in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina stattfand. „Aus dem anfangs vielstimmigen Chor der Modelliererinnen und der Modellierer ist nun eine Stimme geworden“, so Brandenburg. „Eine Stimme, die als zentraler Ansprechpartner der Wissenschaft für Politik und Gesellschaft dient.“
Schnell und effektiv handeln
Mathematische Modelle liefern entscheidende Hinweise zur Verbreitung von Infektionskrankheiten und zur Wirksamkeit der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung. So unterstützen sie Entscheidungsträger in Politik und Gesundheitswesen dabei, im Kampf gegen gefährliche Erreger schnell und effektiv zu handeln. Diese Kompetenz will das BMBF mit MONID stärken. Seit 2022 unterstützt das Ministerium die sieben Forschungsverbünde des Netzwerks mit mehr als 14 Millionen Euro.
Neue Varianten, Impfbereitschaft der Bevölkerung, Entwicklung lokaler Hotspots – der Verlauf einer Pandemie hängt von zahlreichen Faktoren ab, die es bei der Berechnung möglichst verlässlicher Prognosen zu beachten gilt. Dabei wird deutlich, wie wichtig es ist, Expertinnen und Experten aus vielen unterschiedlichen Disziplinen in die Entwicklung der Modelle mit einzubeziehen. Der Vernetzungsgedanke wird bei MONID auf allen Ebenen verwirklicht, innerhalb der Verbünde, im gesamten Netzwerk und weit darüber hinaus. So kooperiert die Initiative auch mit relevanten Organisationen wie dem Robert-Koch-Institut oder dem Netzwerk Universitätsmedizin, einem Zusammenschluss der deutschen Universitätskliniken. Anfang 2024 wurden zudem zwei MONID-Mitglieder in die Ständige Impfkommission (STIKO) berufen. Als unabhängiges und ehrenamtliches Expertengremium entwickelt die STIKO Impfempfehlungen für die Bevölkerung in Deutschland. Auch hier ist Modellierungskompetenz gefragt.
Junge Köpfe für das Netzwerk
Das Netzwerk MONID macht sich zudem für die Nachwuchsgewinnung stark. Vor einigen Monaten ist die „Young MONID Initiative“ gestartet. „Unser Ziel ist es, junge Forschende aus allen Fachbereichen für die Modellierung von Infektionskrankheiten zu begeistern“, erklärt Manuela Harries, eine der Initiatorinnen von Young MONID und Mitglied im Forschungsverbund RESPINOW. „Eine zentrale Rolle spielt dabei der Wissenstransfer sowohl von erfahrenen Expertinnen und Experten zu jüngeren Generationen als auch in umgekehrter Richtung.“ Geplant sind etwa Workshops und Hackathons, die auch junge Modelliererinnen und Modellierer aus anderen Fachgebieten ansprechen sollen. Zugleich treibt MONID die Vernetzung mit internationalen Modellierungsteams weiter voran. Niel Hens von der Hasselt University Belgien, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von MONID, brachte es auf der Konferenz treffend auf den Punkt: „Pandemien sind eine globale Herausforderung, deshalb müssen wir auch global zusammenarbeiten“.