Früherkennung von Alzheimer

Weltweit einzigartige Studie zu Demenz

In Leipzig verbessern Wissenschaftler die Diagnosemöglichkeiten für Alzheimer. Ihre Arbeit ist Teil eines weltweit einzigartigen Projekts.
Hilflose Menschen, die im Pflegeheim durch die Flure geschoben werden – das gängige Bild von Alzheimer-Kranken. Niemand möchte so enden. Besonders Ältere sind daher schon besorgt, wenn sie im Supermarkt vergessen haben, was sie kaufen wollten oder ihnen der Name der neuen Nachbarin nicht einfällt. Alzheimer ist die häufigste Ursache für Demenzen, also für erhebliche Einschränkungen der Gedächtnisfunktion. In Leipzig beschäftigt sich ein weltweit einzigartiges, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt mit diesen Erkrankungen: In der Studie "LEILA 75+" werden seit 1997 und noch bis 2006 in regelmäßigen Abständen 1.692 Senioren untersucht, die älter als 75 Jahre sind. Durch den langen Beobachtungszeitraum und die große Zahl von Teilnehmern liefert LEILA 75+ hervorragende Informationen über Verbreitung, Verlauf und Risikofaktoren von Demenzen. Die Studie macht deutlich, welch drängendes Gesundheitsproblem Demenz-Erkrankungen sind. In Deutschland erkrankt jeder fünfte Mensch über 75 Jahre. Steffi Riedel-Heller, eine der Wissenschaftlerinnen, die LEILA 75+ betreut: "Das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, steigt bis ins höchste Alter. Bei den über 90-Jährigen ist schon jeder zweite demenzkrank. Würden wir 120 Jahre alt werden, wäre wohl fast jeder Mensch betroffen." Hochbetagte, also Menschen über 90 Jahre, sind in Deutschland die Bevölkerungsgruppe, die am schnellsten wächst. Bis zum Jahr 2050 wird die Anzahl der Demenzkranken von heute einer Million auf zwei Millionen steigen.

Ein Jahr länger selbstständig leben
Riedel-Heller und ihre Kollegen wollen das verhindern. Sie verbessern deshalb die Diagnosemöglichkeiten für beginnende Demenzen. Wenn bekannt ist, welche Senioren ein hohes Erkrankungsrisiko haben, können sie behandelt werden. Medikamente gegen Alzheimer sind seit einigen Jahren auf dem Markt. Sie bringen zwar verlorene geistige Fähigkeiten nicht zurück, verlangsamen aber den Krankheitsprozess. Je früher sie angewendet werden, desto besser. Riedel-Heller: "Wenn ein 80-jähriger Mensch dank der Medikamente ein Jahr länger selbstständig leben kann, ist das für ihn ein riesiger Gewinn." Ziel ist es, ein Testverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe auch Hausärzte gefährdete Personen zuverlässig erkennen können. Denn sie betreuen 97 Prozent der Senioren. Das Verfahren muss so einfach sein, dass es im Praxisalltag schnell und unkompliziert einsetzbar ist. Ein aussichtsreicher Weg, Demenzen früh zu diagnostizieren, ist der sichere Nachweis bereits bestehender "leichter kognitiver Defizite". Diese geringen Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit, die noch keine Probleme bei der Bewältigung des Alltags verursachen, können durch bestimmte Test- und Untersuchungsverfahren gemessen werden. Das Team um Riedel-Heller wies nach, dass innerhalb von zweieinhalb Jahren 25 bis 50 Prozent der Personen mit leichten kognitiven Defiziten an einer Demenz erkranken. Genauere Angaben sind bisher nicht möglich, da unterschiedliche Definitionen und Messverfahren existieren. Natürlich ist es nicht einfach, Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit, die auf den Beginn einer Alzheimer-Erkrankung hinweisen, vom normalen Alterungsprozess abzugrenzen. An diesem Punkt arbeiten die Leipziger Forscher mit Hochdruck weiter. Riedel-Heller: "Wir haben jetzt bereits ein Verfahren, das mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagt, ob jemand eine Demenz entwickelt. Obwohl das schon ziemlich viel ist, reicht es noch nicht als Kriterium, um vorbeugend Medikamente gegen Alzheimer zu verabreichen."

Das Demenz-Risiko beeinflussen

Eine Demenz-Erkrankung wird begünstigt durch:
Bluthochdruck*, Zuckerkrankheit*, hohe Cholesterinspiegel*, Vitamin B12- und Folsäuremangel
*v. a. bei Auftreten im mittleren Lebensalter

Schutz vor einer Demenz-Erkrankung können bieten:
Fischkonsum mindestens einmal pro Woche, hohe Bildung sowie körperliche, geistige und soziale Aktivität. Hinweisen auf die Schutzfunktion bestimmter Medikamente wie Östrogene, Cholesterinsenker, Rheumamittel oder Vitamin E wird nachgegangen.

Ansprechpartnerin:
PD Dr. med. habil. Steffi G. Riedel-Heller
MPH
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
der Universität Leipzig
Johannisallee 20
04317 Leipzig
Tel.: 0341/97–2 45 30
Fax: 0341/97–2 45 39
E-Mail: krausem@medizin.uni-leipzig.de