Rund die Hälfte der Weltbevölkerung gilt als arm. Ca. 3 Mio. Menschen leben unter Umständen, die die Ausbreitung von Krankheiten fördern. Hierzu zählen Krankheiten wie Malaria, aber auch in Deutschland relativ unbekannte Tropenkrankheiten wie Flussblindheit.
Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit fast 1,5 Milliarden Menschen an armutsassoziierten Krankheiten leiden. Viele Millionen Menschen sterben jährlich an ihren Folgen. Armutsassoziierte Krankheiten sind fast ausnahmslos Infektionskrankheiten. Zu ihnen gehören auch Krankheiten, die hierzulande meist mit modernen Medikamenten heilbar oder zumindest behandelbar sind, wie beispielsweise Durchfallerkrankungen, Tuberkulose oder HIV/Aids. Vor allem in den von Armut geprägten Regionen der Welt stellen sie jedoch ein großes Problem dar. So starben allein im Jahr 2012 rund 1,5 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen – die meisten von ihnen Kinder in Entwicklungsländern. Die Ursachen sind vielschichtig: Der Zugang zu medizinischer Behandlung ist vielen Betroffenen versperrt. Medikamente sind nicht verfügbar oder nicht erschwinglich.
Tropische Länder sind besonders betroffen
Hinzu kommt eine weitere Gruppe von Krankheiten, die bei uns nahezu unbekannt ist, die sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten. 17 dieser Krankheiten benennt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besondere Bedrohung der Weltgesundheit. Die von der Tsetse-Fliege übertragene Schlafkrankheit, die Wurmerkrankung Bilharziose und die lymphatische Filariose, auch Elefantiasis genannt, sind drei Beispiele. Diese Krankheiten sind vor allem in den armen Ländern tropischer Gebiete ein großes Problem. Dort fordern sie hohe Opferzahlen. Gründe dafür sind unter anderem schlecht funktionierende Gesundheitssysteme und mangelnde Hygienestandards.
Einzeller, Viren oder Würmer: Wie Erreger übertragen werden
Die vernachlässigten Tropenkrankheiten werden durch ein großes Spektrum verschiedener Erreger ausgelöst, zum Beispiel durch Einzeller, Viren oder Würmer. Viele dieser Krankheiten kommen fast ausschließlich in tropischen Klimazonen vor, weil ihre Überträger – zum Beispiel Mücken – dort zu Hause sind. So übertragen Tigermücken das Dengue-Virus, Auslöser des Dengue-Fiebers, Sandmücken den Erreger der Leishmaniose und Tsetse-Fliegen die Schlafkrankheit. Die beiden letztgenannten Krankheiten werden durch unterschiedliche Einzeller ausgelöst, welche die Mücken beim Stich in die Blutbahn übertragen. Auch kleine Fadenwürmer können durch Stechmücken übertragen werden. Sie können dazu führen, dass die Gliedmaßen durch Wassereinlagerungen extrem anschwellen – wie bei der Elefantiasis. Der einfachste Schutz vor vielen Erkrankungen, die von stechenden Insekten übertragen werden: Mückennetze, die mit Insektiziden imprägniert sind. Doch selbst dafür haben die Menschen in den betroffenen Regionen oftmals kein Geld.
Die großen Drei: Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids
Auch Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids zählen zu den armutsassoziierten Erkrankungen. Zwar wird die Erforschung dieser „Die großen Drei“ genannten Infektionskrankheiten nicht mehr vernachlässigt, doch ihre Verbreitung ist deutlich armutsassoziiert. In Westeuropa ist beispielsweise die Tuberkulose nahezu in Vergessenheit geraten. Weltweit hingegen erkranken jedes Jahr rund neun Millionen Menschen an dieser Infektionskrankheit – mehr als eine Million sterben an den Folgen.
Forschung kann Lösungen liefern
Die Weltgemeinschaft hat erkannt, dass nur durch gemeinsames Handeln die Gesundheit der Menschen in den ärmsten Regionen der Welt nachhaltig und dauerhaft verbessert werden kann. Die G7-Staaten haben den Infektionskrankheiten, die überwiegend die ärmsten Bevölkerungsgruppen betreffen, immer besondere Bedeutung beigemessen und diese wiederholt auf ihre Agenda gesetzt. Auch während der deutschen G7-Präsidentschaft 2015 sind vernachlässigte, armutsassoziierte Krankheiten ein Schwerpunktthema. Besonders die Forschung zu diesen Krankheiten steht dabei – neben der globalen Gesundheits- und Entwicklungspolitik – im Mittelpunkt. Denn: Um die armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten einzudämmen oder gar zu besiegen, werden dringend neue Medikamente, Impfstoffe und Diagnosemöglichkeiten benötigt. Zudem müssen in den betroffenen Ländern nachhaltige Forschungskapazitäten etabliert werden, um die dortigen Gesundheitssysteme zukünftig stabiler und effizienter zu gestalten.
Forschung vor Ort unterstützen
Die Forschung zu vernachlässigten und armutsassoziierten Erkrankungen zu fördern hat daher auch für das Bundesforschungsministerium einen besonders hohen Stellenwert. Die Forschungsförderung muss hierbei zwei Aufgaben erfüllen: Einerseits ist sie für die Entwicklung von adäquaten Präventions- und Diagnosemethoden sowie Medikamenten erforderlich, andererseits muss sie den Aufbau funktionierender Gesundheitssysteme durch die Etablierung der dazugehörigen Gesundheitsforschung vor Ort unterstützen. Im Jahr 2011 hat das Bundesforschungsministerium sein „Förderkonzept Vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten“ vorgestellt. Derzeit wird das Konzept aktualisiert und weiterentwickelt. Mehr dazu lesen Sie hier. Ausgewählte Forschungsprojekte, die Lösungsansätze für drängende Fragen zu vernachlässigten und armutsbedingten Erkrankungen erarbeiten, stellen wir in unserem aktuellen Newsletter vor. Einen kurzen Überblick, warum gemeinsame Forschung zu vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten so wichtig ist, bietet Ihnen die Broschüre „Malaria, Dengue-Fieber, Schlafkrankheit & Co.“