29.07.2024

| Aktuelle Meldung

Blutanalyse zeigt, ob Kortison bei schwerem COVID-19 hilft

Das Kortisonpräparat Dexamethason hilft manchen schwerkranken COVID-19-Patientinnen und -Patienten, anderen aber nicht. Studienergebnisse weisen nun einen Weg, die Wirksamkeit des Medikaments frühzeitig vorherzusagen und entsprechend zu therapieren.

Medizinisches Fachpersonal mit Maske und Schutzanzug

Bei schweren COVID-19-Krankheitsverläufen zeigt Dexamethason eine gute Wirkung, allerdings hilft das Kortison nicht immer. Eine Studie hat jetzt ergeben: Über eine Analyse der Immunabwehrzellen lässt sich frühzeitig erkennen, ob das Medikament wirklich helfen wird.

Vadim / AdobeStock

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie hat sich die Therapie mit dem Kortisonpräparat Dexamethason als besonders wirksam bei der Therapie schwerer Krankheitsverläufe erwiesen. Diese entstehen durch eine überschießende Reaktion des Immunsystems und dadurch ausgelöste Entzündungssymptome vor allem in der Lunge. Das Medikament normalisiert die Immunreaktion und ermöglicht damit einen Heilungsprozess. Ein Problem ist aber bislang ungelöst: Die Therapie mit Dexamethason schlägt bei manchen COVID-19 Erkrankten an und bei anderen nicht. Eine Studie gibt nun Hinweise auf die Gründe. „Unsere Daten zeigen, dass die lebensrettende Wirkung von Dexamethason mit der Reaktion von sogenannten Monozyten in Verbindung steht“, berichtet Dr. Anna Aschenbrenner vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), die die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Florian Kurth von der Charité und weiteren Kollegen leitete.

Dexamethason repariert veränderte Monozyten

Monozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem. Schon vor einigen Jahren hatten die Forschenden festgestellt, dass die Monozyten bei COVID-19-Betroffenen ihre zellulären und molekularen Eigenschaften, ihre sogenannte Signatur, verändern. Die aktuelle Studie hat nun gezeigt, dass das Dexamethason bei sich erholenden Patientinnen und Patienten die krankhafte Veränderung der Monozyten wieder in Richtung des gesunden Zustandes programmiert. Die Forschenden konnten dies mit Hilfe der Einzelzell-Sequenzierung feststellen. Einer Methode, mit der jede einzelne Zelle genau untersucht und charakterisiert werden kann. „Eine solche detaillierte Analyse von Zell-Signaturen erlaubt Einblicke in den Körper, die noch vor wenigen Jahren nicht möglich waren“, erklärt Professor Dr. Joachim Schultze, Direktor für Systemmedizin am DZNE und Mit-Autor der Studie.

Frühzeitig Wirksamkeit erkennen und Belastungen vermeiden

Da nach wie vor unklar ist, warum das Dexamethason manchmal wirkt und manchmal nicht, ist die Analyse der Zell-Signaturen von großer Bedeutung. Der Grund: Die Forschenden haben festgestellt, dass bei einer positiven Wirkung des Kortisons die Monozyten relativ schnell reagieren, während die Krankheitssymptome erst nach einigen Tagen zurückgehen. Mit Hilfe der Analyse der Monozyten lässt sich also vorhersagen, ob sich der Gesundheitszustand der Betroffenen durch die Gabe von Dexamethason nach einigen Tagen verbessern wird; falls die Monozyten nicht reagieren, könnte die Kortisongabe abgebrochen und stattdessen andere Therapien begonnen werden. Für die Umsetzung dieses Verfahrens in die klinische Praxis ist noch weitere Forschung nötig. In Zukunft jedoch könnte es dadurch möglich werden, schwerkranken Patientinnen und Patienten rascher und individuell angemessen zu helfen sowie unnötige Therapien zu vermeiden.

Das Studienteam sieht in der Methode der Einzelzell-Sequenzierung eine große Chance für Studien zur Therapie der vielen anderen Erkrankungen, bei denen die Reaktion des Immunsystems eine wichtige Rolle spielt, denn damit werde die Wirkung von Medikamenten rascher erkennbar.