Coronaviren im Fokus: Die BMBF-Forschungsförderung

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat Deutschland und die Welt vor eine der größten Herausforderungen neuerer Zeit gestellt. Dank strategischer Ausrichtung und gezielter Förderung ist es der Forschung gelungen, schnell Antworten auf drängende Fragen zu liefern.

Coronaviren

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat die Forschungslandschaft in Deutschland weiterentwickelt und vorangetrieben. Mit seiner Forschungsförderung setzt das BMBF wichtige Impulse – von der Erforschung virologischer Grundlagen bis hin zu Long-COVID

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COVID-19 und seine Folgen möglichst schnell verstehen, Impfstoffe und Medikamente erforschen und entwickeln, Forschung und Versorgung miteinander vernetzen: Diese enormen Herausforderungen stellten sich Wissenschaft und Forschung mit dem Auftreten des Coronavirus SARS-CoV-2. Um ihnen besser begegnen zu können, verstärkte die Bundesregierung bereits bestehende Forschungsaktivitäten an strategisch wichtigen Stellen und brachte neue Förderaufrufe auf den Weg. Seit März 2020 wurden Förderprogramme mit einem Gesamtvolumen von fast 1,8 Milliarden Euro initiiert, die die Gesundheitsforschung zur Bekämpfung von COVID-19 beschleunigen.

Forscherinnen und Forscher in Deutschland haben wichtige Beiträge in der Pandemie geleistet: Der erste Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 wurde hierzulande entwickelt; gleiches gilt für den ersten in den USA und der Europäischen Union zugelassenen COVID-19-Impfstoff. Diese Erfolge waren möglich, weil die deutsche Forschung auf einen breiten Fundus an Wissen, Techniken und Strukturen aufsetzen konnte – schon nach dem ersten Auftreten des SARS-Virus in den Jahren 2002/2003 hatte das Bundesforschungsministerium (BMBF) Coronaviren stärker in den Fokus seiner Forschungsförderung gerückt. Auch in die aktuelle, durch SARS-CoV-2 ausgelöste Gesundheitskrise bringt das BMBF vielfältige Förderprogramme und -initiativen ein.

Im Zuge der Pandemie wurden zudem wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der deutschen Gesundheitsforschung gesetzt: Innerhalb weniger Monate wurden Strukturen verändert oder entstanden neu, wurden Expertise und Know-how über Standorte und Disziplinen hinweg gebündelt, um schnell neue Erkenntnisse zu gewinnen und Forschungsergebnisse möglichst schnell in der Praxis zu nutzen.

Wichtige BMBF-Fördermaßnahmen zu Coronaviren und SARS-CoV-2

„Rapid Response“: Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2

Nur wenige Wochen nach dem Auftreten der ersten COVID-19-Fälle in Deutschland und dank eines beschleunigten Förderverfahrens konnten Forschende zügig mit ihrer Arbeit starten. Dazu wurde ein besonderes Modul einer früheren Förderbekanntmachung genutzt: das „Rapid Response-Modul“ („Schnelle Antwort“) des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten.

Schon im März 2020 veröffentlichte das BaMBF den Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2. Die hierüber geförderten nahezu 100 Forschungsprojekte und -verbünde brachten wichtige neue Erkenntnisse sowohl zum Virus selbst als auch für die Behandlung von Menschen mit einer COVID-19-Erkrankung. In klinischen Studien wurden bereits zugelassene Arzneimittel und das Blutplasma bereits genesener Patientinnen und Patienten auf ihre Wirksamkeit gegen schwere COVID-19-Verläufe getestet. Auch umfassten die Projekte die Suche nach neuen antiviralen Substanzen sowie die Entwicklung von Wirkstoffkandidaten, die über die aktuelle Pandemie hinaus eine wirksame Therapie für Coronavirus-Infektionen ermöglichen sollen. Gefördert wurden darüber hinaus Vorhaben der sogenannten ELSA-Forschung zu ethischen, rechtlichen und sozialwissenschaftlichen Aspekten der Pandemie. Insgesamt stellte das BMBF hierfür 45 Millionen Euro bereit.

Mehr Informationen:
Schnell und innovativ: Corona-Forschung startete frühzeitig
ELSA-Forschung in der Corona-Pandemie
Förderaufruf zur „Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2“

Nationales Sonderprogramm zur Impfstoffentwicklung

Auch und gerade im Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland galt es, die Entwicklung aussichtsreicher Impfstoffe zu unterstützen. Deshalb brachte das BMBF ein Sonderprogramm zur Beschleunigung von Forschung und Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen auf den Weg. Das Ziel: Die möglichst schnelle Bereitstellung sicherer und wirksamer Impfstoffe in Deutschland.

Das BMBF unterstützte drei Firmen – BioNTech, CureVac und IDT Biologika –, die auf unterschiedliche Technologien setzten. Die mehrgleisige Strategie erhöhte einerseits die Chance, möglichst schnell einen Impfstoff zu entwickeln und andererseits verschiedene Impfstoffe hervorzubringen, die sich für bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders gut eignen – beispielswiese für ältere Menschen oder Personen mit bestimmten Vorerkrankungen.

Schon im November 2020 konnte BioNTech gemeinsam mit dem Partner Pfizer in einer großen klinischen Studie eine sehr hohe Wirksamkeit seines Impfstoffs bei nur geringen Impfreaktionen nachweisen. Der Impfstoff war der erste, der in Europa und den USA zugelassen wurde. In Deutschland starteten die Impfungen im Dezember 2020. Weltweit sind inzwischen mehrere Milliarden Menschen vor schweren COVID-19-Verläufen geschützt, viele davon durch die BioNTech-Impfung. Nach der erfolgreichen Zulassung wurden auch die Weiterentwicklung und Anpassung des Impfstoffs, z. B. an neue Varianten, gefördert.

Mehr Informationen:
BMBF-Sonderprogramm zur COVID-19-Impfstoff-Forschung
Sonderprogramm zur Beschleunigung von Forschung und Entwicklung dringend benötigter Impfstoffe gegen SARS-CoV-2

Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)

Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) wurde im April 2020 als Reaktion auf die SARS-CoV-2- Pandemie geschaffen. Alle 36 Universitätskliniken in Deutschland sind dem Netzwerk beigetreten, das von der Charité – Universitätsmedizin Berlin koordiniert wird. Ziel der ersten Förderphase bis Ende 2021 war es, Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien aller Universitätskliniken zusammenzuführen und auszuwerten, um eine möglichst optimale Versorgung der COVID-19-Erkrankten in ganz Deutschland zu gewährleisten.

Ein Fokus liegt auf der schnellen und einheitlichen Erfassung und Zusammenführung klinischer Daten und auf der Koordination und Zusammenführung von Forschungsaktivitäten der Netzwerkpartner. Hierfür wurden entsprechende Strukturen aufgebaut, die die Vernetzung der Universitätsmedizin langfristig verbessern und die in der im Januar 2022 gestarteten zweiten Förderphase weiterentwickelt werden. Mittelfristig ist eine Öffnung des NUM zu anderen Forschungsthemen mit besonderer Relevanz für die Gesundheitsversorgung in Deutschland vorgesehen.

Bei der Arbeit des NUM wird die Expertise außeruniversitärer Einrichtungen und weiterer Forschungsnetzwerke einbezogen, wie zum Beispiel das Robert Koch-Institut (RKI), Gesundheitsämter, die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung sowie die Medizininformatik-Initiative.

Das BMBF förderte den Aufbau des NUM mit 150 Millionen Euro; von 2022 bis Mitte 2025 stellt das Ministerium insgesamt weitere 240 Millionen Euro an Fördermitteln bereit.

Mehr Informationen:
NUM: Starkes Bündnis für die Corona-­Forschung
Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)

Arzneimittel gegen COVID-19

Mit zwei Richtlinien zur Förderung von Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2 wird die klinische Entwicklung erfolgsversprechender Arzneimittelkandidaten gegen COVID-19 in insgesamt elf Vorhaben mit bis zu 70 Millionen Euro vorangetrieben. Zum einen wird die klinische Prüfung von Arzneimittelkandidaten gefördert, die sich gegen SARS-CoV-2 richten, zum anderen aber auch die klinische Entwicklung neuer Therapeutika zur Behandlung von schweren Krankheitsverläufen bei COVID-19.

Gemeinsam haben das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das BMBF am 14. Mai 2021 die Richtlinie zur Förderung der klinischen Entwicklung von versorgungsnahen COVID-19-Arzneimitteln und deren Herstellungskapazitäten veröffentlicht. Hiermit werden vor allem die späteren Phasen der Arzneimittelentwicklung unterstützt, das heißt die Durchführung klinischer Studien der Phase IIb und III zu Arzneimittelkandidaten gegen COVID-19. Hierfür stellt der Bund bis zu 138 Millionen Euro bereit.

Mehr Informationen:
Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2
Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2 II
Förderung der klinischen Entwicklung von versorgungsnahen COVID-19-Arzneimitteln und deren Herstellungskapazitäten

Modellierungskompetenzen stärken

Was bewirkt die Maskenpflicht? Und wie effektiv sind Lockdowns? Die SARS-CoV-2-Pandemie hat eindrücklich gezeigt, wie wichtig Modellrechnungen sind, um die weitere Entwicklung vorherzusagen und abschätzen zu können, welche Maßnahmen hilfreich sind. Diese Kompetenz möchte das BMBF mit einem Modellierungsnetz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten weiter stärken. Ziel ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt Modellierung untereinander zu vernetzen sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit relevanten Fachdisziplinen wie Virologie und Epidemiologie zu intensivieren.

Das Modellierungsnetz soll dazu beitragen, sowohl bei der gegenwärtigen SARS-CoV-2-Pandemie als auch bei künftigen Infektionsgeschehen möglichst gut aufgestellt zu sein. Zum Modellierungsnetz zählen sieben Verbünde und eine Koordinierungsstelle. Das BMBF fördert die Initiative bis 2025 mit insgesamt rund 15,4 Millionen Euro.

Mehr Informationen:
Richtlinie zur Förderung von Zuwendungen zur „Stärkung der Modellierungskompetenz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten“

Spätfolgen von COVID-19 verstehen und behandeln

Selbst Wochen oder Monate nach einer akuten Corona-Infektion treten bei vielen Menschen noch Symptome auf – vom Verlust des Geruchsinns bis hin zu extremer Erschöpfung. Um die Spätfolgen besser verstehen und drängende Forschungsfragen beantworten zu können, verzahnt das BMBF seine Projektförderung gezielt mit den Kräften der institutionellen Förderung. Die verschiedenen Förderbausteine ergänzen sich gegenseitig und zielen auf eine bestmögliche Versorgung der Betroffenen.

Mehr Informationen:
Long-COVID, Post-COVID und ME/CFS: Forschen – verstehen – besser behandeln

Pandemie-Vorsorge: EU-Partnerschaften und One Health/AMR

Ein zentraler Aspekt der Pandemievorsorge ist die Stärkung des One Health-Ansatzes, der die Wechselwirkungen der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt betrachtet, um beispielsweise die Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten und umweltassoziierten Erkrankungen zu verstehen und ihnen angemessen zu begegnen.

Auf europäischer Ebene ist das Bundesforschungsministerium an der Vorbereitung von zwei großen Forschungspartnerschaften beteiligt. Mit BE.READY soll eine Partnerschaft zur Pandemie-Vorsorge und -Reaktion vorbereitet werden, um besser gegen pandemische Bedrohungen gewappnet zu sein. Eine weitere europäische Partnerschaft soll zur Stärkung des One Health-Ansatzes und zu Antimikrobiellen Resistenzen (AMR) unter dem EU-Projekt DESIGN OH AMR vorbereitet werden. 

Zoonosenforschung in Deutschland

Seit 2009 bzw. 2017 fördert das BMBF die „Nationale Forschungsplattform für Zoonosen“ und das „Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten“. Hier wird intensiv auch an Viren geforscht, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden und in der Fachsprache deshalb als zoonotische Erreger bezeichnet werden. Ebenfalls im Fokus: Möglichkeiten, die von diesen Erregern ausgehenden Gefahren möglichst genau vorhersagen zu können, Übertragungswege und entsprechende Strategien zur Behandlung der von ihnen ausgelösten Krankheiten. Basierend auf früheren Forschungsarbeiten stand bereits unmittelbar, nachdem das neue Coronavirus SARS-CoV-2 Mitte Januar 2020 identifiziert und seine genetische Struktur veröffentlicht wurde, ein Testverfahren zur Verfügung, mit dem eine Infektion beim Menschen verlässlich nachgewiesen werden konnte. Die in Deutschland erfolgreich aufgebaute Zoonosenplattform soll im Sinne des One Health-Ansatzes zur One Health-Plattform weiterentwickelt werden.

Mehr Informationen:
Corona: Forschung stützt sich auf breiten Fundus
Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten
Forschungsvereinbarung Zoonosen / One Health-Plattform