Das deutsche Unternehmen BioNTech entwickelte einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2, der bereits im Dezember 2020 in der EU, in Großbritannien und in den USA zugelassen wurde. Dabei setzte BioNTech auf eine in der Krebsforschung entwickelte Strategie.
Anfang November 2020 veröffentlichte die Firma BioNTech zusammen mit ihrem Partner Pfizer erste positive Daten zur Wirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs „BNT162b2“. Ende November 2020 belegten weitere Analysen, eine 95-prozentige Wirksamkeit bei nur leichten, vorübergehenden Nebenwirkungen. Daraufhin wurden Anfang Dezember Zulassungsanträge in den USA und in Europa gestellt. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA empfahl die bedingte Zulassung des Corona-Impfstoffs am 21. Dezember, in Deutschland starteten die Impfungen am 27. Dezember 2020.
Inzwischen sind Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt gegen SARS-CoV-2 geimpft – viele davon mit dem Vakzin, das BioNTech zusammen mit seinem US-amerikanischen Partner Pfizer unter dem Handelsnamen „Comirnaty“ auf den Markt brachte. Das BMBF förderte sowohl die für die Zulassung des BioNTech-Impfstoffes nötigen klinischen Studien als auch die Arbeiten zur Weiterentwicklung des Vakzins (beispielsweise zur Anpassung an die Omikron-Variante von SARS-CoV-2). Die langfristig geförderte Forschung des Unternehmens zur Optimierung von Krebstherapien (s. Infokasten) sind einer der Gründe, warum der COVID-19-Impfstoff so schnell entwickelt werden konnte.
Mehr im Interview mit BioNTech-Gründerin Özlem Türeci
Impfstoff basiert auf jahrzehntelanger Vorarbeit
Die Entwicklung neuer Impfstoffe beansprucht in der Regel zehn bis 15 Jahre. Wie ist es möglich, binnen Jahresfrist einen vielversprechenden Kandidaten gegen ein neues pandemisches Virus „aus dem Hut zu zaubern“? Die Erklärung: Der mögliche Impfstoff kommt keineswegs aus dem Off. Er basiert vielmehr auf der Entwicklung einer innovativen Methode, die bereits in den 1990er Jahren begann, und zu deren Weiterentwicklung die BMBF-Forschungsförderung wichtige Impulse gab.
Innovation aus der Krebsforschung als Schlüssel für die Bekämpfung der Pandemie
Neue Errungenschaften eröffnen oft unerwartete Optionen. So funktioniert der COVID-19-Impfstoff nach einem Prinzip, das Forschende für die personalisierte Krebsmedizin konzipiert hatten. Dabei lenken Botenmoleküle (Boten- oder messenger-RNA, kurz mRNA) die Abwehrmechanismen des Immunsystems gezielt auf Krebszellen. Mit Ausbruch der SARS-CoV2-Pandemie passte BioNTech dieses Prinzip an die neue Herausforderung an. Der vom Unternehmen verwendete mRNA-Impfstoff enthält Bauanleitungen bestimmter Virus-Moleküle. Die Zellen produzieren diese Bausteine – und dadurch lernt unser Immunsystem das Virus kennen, bevor es ihm begegnet. So ist eine geimpfte Person gewappnet, wenn sie sich mit dem Virus infizieren sollte.
Von der Grundlagenforschung zur anwendungsorientierten Forschungsförderung
Neben der Grundlagenforschungsfinanzierung – etwa durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – hat neben vielen weiteren Geldgebern das BMBF durch seine anwendungsorientierte Forschungsförderung die Entwicklung der neuartigen mRNA-Technologie mit fast 400 Millionen Euro unterstützt. Die folgende Chronologie skizziert wichtige Bausteine aus dieser BMBF-Förderung. Das Sonderprogramm zur Impfstoff-Forschung und Entwicklung gegen COVID-19 des BMBF wird über den Deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) aus Mitteln der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) im Rahmen von „Next Generation EU“ refinanziert.
((aktualisiert im Oktober 2022
2007–2013: BMBF-Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio)
Im Rahmen von zwei GO-Bio Förderungen (2007-2013) hat das BMBF die Gründungsphase von BioNTech mit rund vier Millionen Euro maßgeblich unterstützt und die entscheidenden ersten Jahre der Ausgründung finanziell und strukturell gefördert. Als sich das Team um Professor Ugur Sahin von der Universitätsmedizin Mainz für eine Förderung bewarb, stand eine Idee im Fokus: Jeder Tumor ist einzigartig, daher sollte auch die Behandlung jeweils individuell sein. Dafür setzten die Forschenden auf neuartige mRNA-Therapeutika zur Immuntherapie von Krebserkrankungen. Der Körper soll aus der Impf-mRNA ein Protein herstellen, das eine Immunreaktion gegen die Krebszellen auslöst. Die mRNA wird jedoch sehr schnell abgebaut – in der Regel zu schnell, um die gewünschte Immunreaktion auslösen zu können. Das Team um Sahin hat jedoch ein patentiertes Verfahren entwickelt, das die mRNA stabilisiert und damit eine solche Behandlung ermöglicht. Diese Technologie war die Grundlage für die Gründung der Firma BioNTech im Jahr 2008.
2012–2017: Ci3-Cluster für individualisierte Immunintervention
Rund 13 Millionen Euro erhielt die BioNTech-Firmengruppe über das „Ci3- Cluster für individualisierte Immunintervention“, das von 2012 bis 2017 als Gewinner des Spitzencluster-Wettbewerbs des BMBF gefördert wurde.
2020–2021: BMBF-Sonderprogramm zur Impfstoff-Forschung und Entwicklung gegen COVID-19
Zur Beschleunigung der Impfstoffentwicklung gegen SARS-CoV-2 in Deutschland hat das BMBF ein Sonderprogramm mit bis zu 750 Millionen Euro für die Jahre 2020-2021 aufgelegt. Im Rahmen dieses Programms förderte das BMBF die Impfstoffentwicklung von BioNTech beispielsweise mit 375 Millionen Euro. Das Sonderprogramm zur Impfstoff-Forschung und Entwicklung gegen COVID-19 des BMBF wird über den Deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) aus Mitteln der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) im Rahmen von „Next Generation EU“ refinanziert.