Mai 2021

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NUM: Starkes Bündnis für die Corona-­Forschung

Kräfte bündeln, Wissen teilen: Im „Netzwerk Universitätsmedizin“ (NUM) arbeiten alle deutschen Universitätskliniken zusammen, um die Pandemie bewältigen und Covid-19-Patientinnen und -Patienten möglichst optimal behandeln zu können.

Wissenschaftler im Labor hält Reagenzglas mit einer Pinzette

Das Nationale Pandemie Kohorten Netz (NAPKON), eines der 13 NUM-Projekte, sammelt Daten und Bioproben von Covid-19-Patientinnen und -Patienten und stellt diese für wissenschaftliche und versorgungsrelevante Fragestellungen zur Verfügung. Damit schafft NAPKON grundlegende Infrastrukturen für die Bekämpfung von Pandemien am Beispiel von Covid-19.

Pieruschek/German Biobank Node (GBN)

Vor etwa einem Jahr, zu Beginn der Corona-Pandemie, waren schnelle und belastbare Erkenntnisse zum neuen SARS-CoV-2-Virus und zu der von ihm ausgelösten Erkrankung Covid-19 das Gebot der Stunde. Nur eine enge Verbindung von Forschung und Versorgung kann diese Erkenntnisse erbringen – dies ließ die Pandemie auch zu einer besonderen Herausforderung für die deutsche Universitätsmedizin werden, die vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen unter einem Dach zu vereinen. Ein Blick zurück zeigt die Erkenntnisse und Erfolge in der Behandlung, die hierdurch möglich gemacht wurden, aber auch viele Ansatzpunkte für zukünftige Arbeiten im Rahmen des „Netzwerks Universitätsmedizin“.

Aus der Wissenschaft selbst kam der Anstoß zu dem im März 2020 ins Leben gerufenen „Nationalen Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19“, kurz „Netzwerk Universitätsmedizin“ (NUM). Bis zum Frühsommer 2020 traten ihm alle 36 Universitätskliniken in Deutschland bei. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Aufbau des NUM 2020 und 2021 mit insgesamt 150 Millionen Euro. Bis 2024 sollen jährlich weitere 80 Millionen Euro bereitgestellt werden, insgesamt also weitere 240 Millionen Euro.

Das Netzwerk Universitätsmedizin ist in dieser Form einmalig. Alle deutschen Universitätskliniken sind Teil dieses Netzwerks. Die Kliniken tauschen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit der Behandlung von Covid-19-Erkrankten aus und lernen so fortlaufend miteinander und voneinander. Gemeinsam lösen sie drängende Fragen für die Verbesserung der Behandlung und entwickeln Behandlungsstrategien und -konzepte, die eine bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten sichern.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek im Rahmen einer Pressekonferenz zum NUM am 1. Oktober 2020

Erfolgreiche Aufbauarbeit innerhalb von Monaten und mitten in der Pandemie

In der deutschen Universitätsmedizin ist der Aufbau des NUM ein wegweisender Ansatz: Das Netzwerk stärkt die bestehende Interaktion zwischen Forschung und Krankenversorgung, stabilisiert bestehende und schafft neue Strukturen, die eine effektivere Rückkopplung und enge Kooperation zwischen den Kliniken gewährleisten. Die nationale Koordination des Netzwerks liegt bei der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die dafür eine eigene Koordinierungsstelle aufgebaut hat. Um die inhaltliche Abstimmung zwischen Forschung und Politik ohne Zeit- und Reibungsverluste sicherzustellen, wurde zudem eine „Nationale Task Force“ eingerichtet, der sowohl Vertreterinnen und Vertreter der Universitätsmedizin als auch des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sowie der Bundesländer angehören.

Das Netzwerk arbeitet eng mit anderen Stakeholdern im Gesundheitswesen, Expertennetzwerken, Fachkreisen und Initiativen zusammen, die für die Bekämpfung der Pandemie relevant sind. Dazu gehören unter anderem das Robert Koch-Institut (RKI) und die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), aber auch die ebenfalls vom BMBF geförderte Medizininformatik-Initiative (MII) und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) sowie andere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Infektionen verhindern – Gesundheitsversorgung aufrechterhalten – Patienten optimal versorgen

Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Charité –Universitätsmedizin Berlin

Voneinander und miteinander lernen – das sind die Ziele des Netzwerks, das erstmals in einem Krisenfall die Forschungsaktivitäten der deutschen Universitätsmedizin bündelt und die Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien einzelner Standorte bundesweit zusammenführt und auswertet. „Die Aufgaben reichen von der abgestimmten Datenerhebung für große wissenschaftliche Fragestellungen bis zur gemeinsamen Erarbeitung von praktischen Handlungsempfehlungen, etwa in der Palliativmedizin“, betont Professor Dr. Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité und Mitinitiator des NUM. „Die Forschungsaktivitäten laufen eng verzahnt mit den Kliniken – das ist ein besonderes Alleinstellungsmerkmal.“ Zurzeit hat das Netzwerk 13 vordringliche Forschungsthemen in den Fokus genommen; ein besonderer Akzent liegt hierbei auf der detaillierten „Vermessung“ von Covid-19, um die Krankheit besser zu verstehen. Dazu werden die Daten der an den Universitätskliniken behandelten Covid-19-Patientinnen und -Patienten systematisch erfasst und in einer Datenbank gebündelt.

Bei der Bewältigung der aktuellen Pandemie kommt der Universitätsmedizin eine Schlüsselrolle zu, denn noch immer gibt es auf viele Forschungsfragen keine befriedigenden Antworten. Noch ist zum Beispiel nicht völlig geklärt, welche Prozesse SARS-CoV-2 im menschlichen Körper auslöst, wie und wie lange Impfungen schützen und welche Medikamente bei einer Infektion wirken. „Die von uns gestartete klinische Kohortenplattform liefert sehr differenzierte Daten zu einer großen Zahl untersuchter Patientinnen und Patienten. Das ermöglicht uns ein deutlich besseres Verständnis von Covid-19 und Long Covid, also den mit einer Covid-19-Erkrankung verbundenen Spätfolgen“, so Kroemer. „Unsere Plattform für Testung und Surveillance ist schon heute als Partner für Teststrategien beispielsweise in Schulen oder den Aufbau von Strukturen für systematische Virussequenzierung gefragt.“

Auch im Bereich Immunologie und Impfung ist ein Netzwerk von Expertinnen und Experten unter dem Dach des NUM aktiv: Hier laufen derzeit unter anderem Impfstudien und die Entwicklung eines Antikörpers zum therapeutischen Einsatz gegen Covid-19.

Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Aufbau des „Netzwerks Universitätsmedizin“ (NUM) mit zunächst 150 Millionen Euro. Diesem Netzwerk sind alle deutschen Universitätskliniken beigetreten; koordiniert wird es von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Um den engen Schulterschluss zwischen der Universitätsmedizin und der Politik zu gewährleisten, wurde eine Nationale Task Force zur Steuerung des Netzwerks eingesetzt. Neben den Universitätsklinken und den Bundesländern sind für die Bundesregierung das BMBF und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in diesem Gremium vertreten.

Mehr Informationen: www.netzwerk-universitaetsmedizin.de

Vorbereitet sein auf künftige Krisen

Das NUM ist allerdings nicht nur darauf ausgerichtet, Erkenntnisse zum Management der aktuellen Covid-19-Pandemie zu gewinnen – die Forschungsergebnisse werden dazu beitragen, sich besser für mögliche ähnliche Krisensituationen in der Zukunft zu wappnen. Jetzt nachhaltige Strukturen und Prozesse in den Kliniken zu etablieren, wird künftig helfen, schnell und schlagkräftig zu agieren und Leben zu retten. Das Stichwort lautet „pandemic preparedness“: „Wir müssen unbedingt das Wissen erhalten, das wir gerade im Umgang mit der Pandemie erwerben, damit wir bei der nächsten Pandemie – und die wird ganz sicher kommen – nicht wieder von vorne anfangen müssen“, sagt Professor Kroemer, der das Potenzial des NUM „noch lange nicht ausgeschöpft“ sieht: „Die Möglichkeiten, die uns das Netzwerk etwa bei der Datenerhebung eröffnet, reichen weit über Pandemiemanagement oder -forschung hinaus. Ein Beispiel dafür wäre die Erforschung Seltener Erkrankungen, bei der eine national koordinierte Herangehensweise besonders viel Sinn macht.“

Ein ausführliches Interview mit Professor Kroemer findet sich hier

Ansprechpartner:
Ralf Heyder
Leiter der Koordinierungsstelle
Netzwerk Universitätsmedizin
Charitéplatz 1
10117 Berlin
030 450570-292
forschungsnetzwerk-unimedizin@charite.de

Dr. Martin Goller
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Referat 614 – Medizinische Forschung/Medizintechnik
Kapelle-Ufer 1
10117 Berlin
Martin.Goller@bmbf.bund.de