02.02.2022

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Krebs: Neue Ursache von Chemoresistenz entdeckt

Der vom BMBF geförderte Juniorverbund SUPR-G hat einen neuen Resistenzmechanismus gegen häufig verwendete Medikamente entdeckt. Das eröffnet die Chance, mit neuen Therapieansätzen Chemoresistenz zu überwinden.

Laborantin bei der Arbeit, umgeben von zahlreichen modernen Geräten.

Krebszellen können resistent gegenüber Medikamenten werden und so Chemotherapien widerstehen – mit fatalen Folgen für die Betroffenen. Einen bislang unbekannten Mechanismus dieser Chemoresistenz hat der vom BMBF geförderte Juniorverbund SUPR-G entdeckt.

DLR Projektträger / BMBF

Die Zellen in unserem Körper sind häufig Stress ausgesetzt, etwa durch unzureichende Nährstoffversorgung, UV-Strahlung oder Krankheitserreger. Dadurch können auch wichtige Stoffwechselwege ins Stocken geraten. Im Laufe der Evolution haben sie genetische Programme entwickelt, um damit fertig zu werden. Eine dieser sogenannten Stressantworten ist die UPR (Unfolded Protein Response), die dazu dient, die Zellen gegen ungefaltete Proteine zu schützen. Krebszellen leiden besonders häufig unter Stress, beispielsweise bedingt durch ihr schnelles Wachstum und damit verbunden einer chronischen Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Das kann häufig zu einer chronischen Aktivierung von Stressantwortwegen führen. Als Nebeneffekt macht dies die Tumorzellen äußerst überlebensfähig und zudem resistent gegenüber Stressfaktoren – und dazu gehören auch Medikamente wie Chemotherapeutika. Es besteht also ein großes Interesse daran, mehr über die Mechanismen hinter dieser Art der Chemoresistenz zu erfahren, um letztlich wirksamere Medikamente zu entwickeln.

Entschlüsselung des UPR-Regulon als Auslöser der Stressantwort

Aus diesem Grund hat der Juniorverbund SUPR-G (Systems Biology of the Unfolded Protein Response in Glioma) die Rolle der UPR als Ursache von stressvermittelter Chemo-Resistenz von Krebszellen genauer erforscht. Für die Untersuchungen wählten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Glioblastom, eine besonders aggressive Form von Hirntumoren. Eine Kernaufgabe war dabei, der Umprogrammierung der Krebszellen bei Stress nachzugehen. Die Forschenden unter Leitung des Regensburger Biochemikers Dr. Jan Medenbach haben versucht, möglichst viele derjenigen Gene zu erfassen, die an dem UPR-Mechanismus beteiligt sind. Dazu wurden moderne analytische Methoden in einem sogenannten Multi-Omics-Ansatz kombiniert. Dem Verbund ist es zum ersten Mal gelungen, das sogenannte UPR-Regulon zu definieren, also die Gruppe an Genen, die im Zuge der UPR durch Stress aktiviert werden. Von manchen Genen wusste man, dass sie an der UPR beteiligt sind, es waren aber auch viele dabei, die zuvor nicht mit der zellulären Stressantwort in Verbindung gesetzt wurden.

Juniorverbund erforscht Regulation von Resistenz

Im Juniorverbund SUPR-G (Systems Biology of the Unfolded Protein Response in Glioma) wurden zwischen 2014 und 2019 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gefördert, die sich mit dem Wachstum von Hirntumoren befassen. Sie untersuchten gezielt diejenigen Proteine, die das Einwandern von Krebszellen in das umliegende Gewebe vorantreiben. Dabei erforschten sie, welche Gene diese Proteine herstellen (codieren) und wie der Vorgang reguliert und verändert wird. Von besonderem Interesse war dabei, wie diese Prozesse mit der Entwicklung von Resistenzen gegen bestimmte pharmazeutische Wirkstoffe zusammenhängen. Mit der Dechiffrierung des UPR-Regulon und seiner Funktionsweise hat der Verbund eine wichtige Basis für die Überwindung der Chemoresistenz von Krebszellen gelegt. Für seine Forschung in fünf Teilprojekten erhielt der Verbund rund 1,7 Millionen Euro.

Unter den Genen waren auch solche, die in den Krebszellen den sogenannten Folsäure-abhängigen 1C-Metabolismus verändern. Dieser Stoffwechselweg beschleunigt unter anderem das Tumorwachstum, weshalb schon länger Chemotherapeutika eingesetzt werden, die genau diesen Stoffwechselweg angreifen. Der Verbund hat nun festgestellt, dass die UPR den Krebszellen überraschenderweise ermöglicht, genau diesen Stoffwechsel zu verändern und sich damit der Wirkung der entsprechenden Chemotherapeutika zu entziehen: Sie werden chemoresistent. „Die Entdeckung dieses bislang noch unbekannten Abwehrmechanismus eröffnet neue Wege, um die Resistenz gegen Chemotherapeutika zu überwinden“, sagt Verbundleiter Prof. Jan Medenbach.

UPR-Regulon auch bei anderen Erkrankungen relevant für neuartige Therapien

Eine chronische Stressantwort wird übrigens nicht nur bei Krebszellen beobachtet, sondern auch bei vielen anderen Erkrankungen wie Diabetes oder Alzheimer. Die Entdeckung des UPR-Regulon ist daher ein wichtiger Beitrag, um nicht nur die Entstehung von Krebs, sondern auch etlicher anderer Erkrankungen zu erforschen und neuartige Therapien zu entwickeln.

Am 4. Februar ist Weltkrebstag

Auch in diesem Jahr wird weltweit mit dem Weltkrebstag auf eine Volkskrankheit aufmerksam gemacht, die besonders häufig starke Beschwerden und Todesfälle verursacht. Der Deutschen Krebshilfe zufolge erkranken über eine halbe Million Menschen in Deutschland jährlich neu an Krebs; rund vier Millionen Menschen leben mit einer Krebserkrankung. Ins Leben gerufen wurde der Weltkrebstag im Jahr 2000 von der Union for International Cancer Control (UICC), die sich mit ihren knapp 1.200 Mitgliedern aus 172 Ländern dafür einsetzt, über Krebs aufzuklären und für eine regelmäßige Vorsorge zu werben. Das diesjährige Motto „Close the Care Gap“ soll auf die weltweit ungleiche gesundheitliche Versorgung aufmerksam machen. So hat laut UICC die Hälfte der Weltbevölkerung keinen Zugang zu einer auskömmlichen medizinischen Versorgung.