September 2022

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Neuer Mechanismus entdeckt, der zu Herzrhythmusstörungen bei Herzschwäche führt

Forschende vom DZHK-Standort Göttingen haben in einem Gewebemodell einen Mechanismus aufgedeckt, der bei Herzschwäche-Patienten zu Herzrhythmusstörungen führt. Sie hoffen, dass sie aus den neuen Erkenntnissen eine wirksame Therapie entwickeln können.

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Etwa jeder dritte von Herzschwäche Betroffene hat auch Herzrhythmusstörungen. Sie können lebensbedrohlich sein und erhöhen insgesamt das Sterberisiko. Bei einer Herzschwäche hat der gestörte Herzschlag vor allem damit zu tun, dass sich Natriumkanäle verspätet schließen. Der spät fließende Natriumstrom bringt die Aufeinanderfolge von elektrophysiologischen und biochemischen Prozessen durcheinander, Herzrhythmusstörungen können die Folge sein.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Standort Göttingen (Universitäres Herzzentrum) des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) ist es gelungen, in vielen Versuchsreihen nachzuweisen, dass ein bestimmter Natriumkanal, der eigentlich dem Nervensystem zugeordnet wird, bei einer Herzschwäche vermehrt in den Herzmuskelzellen vorkommt. Dieser Natriumkanal Nav1.8 und ein bestimmtes Protein, das bei der Entstehung von Herzschwäche eine zentrale Rolle spielt, beeinflussen sich wechselseitig so, dass sich der Natriumstrom dramatisch steigert.

Um sicherzugehen, dass der Natriumkanal Nav1.8 diese Wirkung auf den Natriumstrom hat, machten Arbeitsgruppen um Professorin Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke und Professor Dr. Samuel Sossalla Versuche mit Herzmuskelgewebe von Herzschwäche-Patienten und schlagenden Herzmuskelzellen, die sie aus Stammzellen von Patientinnen und Patienten entwickelten. „In diesen Zellen wurde mit der Genschere CRISPR-Cas9 der Natriumkanal Nav1.8 herausgeschnitten. Bei den so veränderten Zellen konnte der späte Natriumstrom tatsächlich gestoppt werden. Dies brachte den endgültigen Nachweis, dass Nav1.8 am späten Natriumstrom beteiligt ist“, sagt Streckfuß-Bömeke. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.

„Im Mausmodell zeigten sich ebenfalls weniger Herzrhythmusstörungen, nachdem Nav1.8 ausgeschaltet wurde. Dadurch verbesserte sich auch das Überleben der Mäuse. Dies macht Hoffnung, dass es sich hierbei tatsächlich um einen wirksamen Therapieansatz für Rhythmusstörungen handelt“, sagt Dr. Philipp Bengel, Kardiologe an der Universitätsmedizin Göttingen und einer der Erstautoren der Studie.

In einem nächsten Schritt möchten die Wissenschaftler Wirkstoffe untersuchen, die in der Lage sind, die Aktivität von Nav1.8 zu hemmen. Die verwendeten Substanzen wurden bereits im Bereich der Schmerzforschung in klinischen Studien eingesetzt.

Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)

Im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, kurz DZHK, bündeln 28 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an sieben Standorten in ganz Deutschland ihre Kräfte, indem sie eine gemeinsame Forschungsstrategie verfolgen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte DZHK bietet ihnen den Rahmen, um Forschungsideen gemeinsam, besser und schneller als bisher umsetzen zu können. Wichtigstes Ziel des DZHK ist es, neue Forschungsergebnisse möglichst schnell für alle Patientinnen und Patienten verfügbar zu machen und Therapien sowie die Diagnostik und Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern.

Pressekontakt:
Christine Vollgraf
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung
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