In Berlin trafen sich Forschende und viele weitere Expertinnen und Experten auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um 20 Jahre Förderung klinischer Studien zu feiern.
Das BMBF und die DFG fördern seit nunmehr 20 Jahren klinische Studien – zunächst gemeinsam und seit dem Jahr 2013 unabhängig, aber in engem Austausch miteinander. Ziel dieser beiden deutschlandweit größten Förderer in diesem Forschungsfeld ist es, unabhängige, von der Wissenschaft initiierte Studien zu unterstützen, die eine hohe Relevanz für das Gesundheitssystem haben und von höchster wissenschaftlicher Qualität sind.
Eine Festveranstaltung im November 2023 in Berlin gab Gelegenheit zum Austausch, zur Reflexion der Gegenwart und zum Blick in die Zukunft. Welche Erfolge wurden bislang erzielt? Welche aktuellen Herausforderungen existieren und welche zukünftigen Chancen liegen in der Förderung klinischer Forschung? Und wie kann Deutschland erfolgreich bleiben? Mit dabei waren Geförderte aus verschiedenen medizinischen Disziplinen, Gutachterinnen und Gutachter, Patientenvertretungen sowie weitere Akteure der klinischen Forschung.
Über 100 geförderte Projekte – eine beachtliche Bilanz
Eröffnet wurde die mit rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut besuchte Fachveranstaltung durch Prof. Dr. Veronika von Messling, Leiterin der Abteilung Lebenswissenschaften im BMBF, gemeinsam mit Prof. Dr. Britta Siegmund, Vizepräsidentin der DFG. „Inzwischen können wir auf eine beachtliche Bilanz blicken: Alleine in den über 100 vom BMBF geförderten klinischen Studien wurden zahlreiche Erkenntnisse über neue und bessere Therapien gewonnen – und das sind Erkenntnisse, die das Leben von Patientinnen und Patienten direkt verbessern“, sagte von Messling. „Insbesondere bei Fragestellungen, bei denen kein kommerzielles Interesse die Finanzierung einer klinischen Studie ermöglicht, ist die staatliche Forschungsförderung essentiell. Wir wissen, dass ohne die öffentliche Förderung klinischer Studien viele Studienideen niemals umgesetzt werden können.“
Statement von Prof. Dr. Ildikó Gágyor, Sektionssprecherin Forschung, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Würzburg.
Gesucht: exzellenter wissenschaftlicher Nachwuchs
Impulsvorträge und anschließende Diskussionsrunden gaben Gelegenheit zu Rück- und Ausblick, beleuchteten aber auch aktuelle Aspekte zu klinischen Studien. Der erste thematische Schwerpunkt nahm unter dem Titel „(Mehr-)Wert klinischer Studien sichtbarer machen – Nachwuchs begeistern und Transfer stärken“ die Frage in den Blick, wie sich mehr Forschende auch zu Beginn ihrer Karriere für eine Mitarbeit an den oft langwierigen und zeitintensiven klinischen Studien begeistern lassen. Ihr Engagement – so der Tenor in der anschließenden Diskussion – müsse in der wissenschaftlichen Community stärker honoriert werden, um weiterhin exzellente Forschende für dieses Feld zu gewinnen. Ein Schritt dazu könne sein, wissenschaftliche Erkenntnisse verstärkt als Leistungen eines ganzen Teams zu kommunizieren. „Für die Patientinnen und Patienten“, so ein Teilnehmer aus dem Auditorium, „zählt das Ergebnis, und nicht die Reihenfolge der Autorenliste einer wissenschaftlichen Veröffentlichung.“
Statement von Prof. Dr. Christian Otte, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Wohin die Reise geht – Vorschläge aus der Praxis für die Praxis
Ein zweiter Schwerpunkt der Veranstaltung lautete „Erfolgreiche Studien: Qualität, Kooperation, Innovation“ und adressierte Themen, die in besonderem Maße zum Erfolg von klinischen Studien beitragen können. Für die Forschenden ist es häufig mit großen Anstrengungen verbunden, genug Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihre Forschungsprojekte zu finden – und manchmal muss eine Studie, die eine Verbesserung der Patientenversorgung mit sich bringen könnte, mangels Teilnehmenden sogar abgebrochen werden. Verschiedene Lösungsvorschläge wurden gemeinsam mit dem Auditorium rege diskutiert – so beispielsweise eine optimierte Rekrutierung von Studienteilnehmenden und neue Studiendesigns, die mit angepassten Fallzahlen oder sogar mit Computersimulationen arbeiten. Entscheidend für den Erfolg von klinischen Studien, so die Auffassung vieler Konferenzteilnehmender, ist außerdem eine stärkere Beteiligung von Patientinnen und Patienten schon von der Planung der Studie an: Wenn nicht „über“, sondern „mit“ Betroffenen geforscht wird, trägt das entscheidend dazu bei, dass von Anfang an die richtigen Fragen gestellt werden und erforscht wird, was auch benötigt wird. Aktuelle Förderinitiativen – wie beispielsweise die Fördermaßnahme „Klinische Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung“ des BMBF – tragen dem Rechnung, indem sie eine Beteiligung von Patientinnen und Patienten bereits bei der Antragstellung berücksichtigen.
Die Umsetzung von Forschungsergebnissen stärker im Blick
Wichtige Impulse für die Debatte lieferte der Abschlussvortrag von Prof. Dr. Wolfgang Wick, Vorsitzender des Wissenschaftsrates. In seiner Key Note mahnte er Bürokratieabbau, aber auch Veränderungen in der Wissenschaftskultur an und forderte ein stärker auf die Umsetzung von Forschungsergebnissen ausgerichtetes Denken. „Es braucht, um tief- und vor allem sinnvoll ineinandergreifende Veränderungen herbeizuführen, den Schulterschluss von Wissenschaftsgemeinschaft und Politik. Der Umstand, dass die Veranstaltung hier und heute von BMBF und DFG gemeinsam durchgeführt wird, zeigt, dass wir da auf einem sehr guten Weg sind“, fasste Wick zusammen.
Klinische Studien: eine Brücke zwischen Forschung und Versorgungsalltag
Was wirkt wirklich? Und warum? Erkenntnisse aus der Gesundheitsforschung beantworten diese entscheidenden Fragen. Doch bevor neue Therapie- und Diagnosemöglichkeiten tatsächlich auch bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden dürfen, muss ihre Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen werden. Klinische Studien bauen diese wichtige Brücke zwischen der biomedizinischen Grundlagenforschung und dem Versorgungsalltag: Sie sind die letzten Hürden, die neue Erkenntnisse nach aufwändigen und langwierigen Tests im Labor nehmen müssen, damit sie Eingang in medizinische Leitlinien finden und in Krankenhäusern und Arztpraxen angewendet werden können. Klinische Studien unterliegen strengen wissenschaftlichen, rechtlichen und ethischen Standards – und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten muss immer gewährleistet sein.