Immer häufiger sind Bakterien gegen die gängigen Antibiotika resistent. Die Folge: Antibiotika wirken nicht mehr. Warum ist das so? Und welche Forschung findet statt, um diesem Problem zu begegnen?
Für die Therapie bakterieller Infektionen stehen heutzutage zahlreiche Antibiotika zur Verfügung. Über ganz unterschiedliche Mechanismen hemmen sie das Wachstum von Bakterien oder töten sie ab. Dabei gilt: Je häufiger Bakterien mit einem bestimmten Antibiotikum in Kontakt kommen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie resistent gegen dieses Antibiotikum werden und das Medikament seine Wirkung verliert.
Entwickeln Bakterien Resistenzen gegenüber verschiedenen Antibiotika, spricht man von multiresistenten Keimen. Diese sind besonders gefährlich. Ihnen können eine Vielzahl der bekannten Antibiotika kaum etwas anhaben. Die Folge: längere und deutlich schwerere Krankheitsverläufe, die sogar tödlich sein können. Besonders in Krankenhäusern sind multiresistente Bakterien immer häufiger ein Problem. Ein gefährlicher multiresistenter Krankenhauskeim ist zum Beispiel der multi- oder methicillinresistente Staphylococcus aureus, kurz MRSA. Mehr zu resistenten Krankenhauskeimen erfahren Sie im Interview mit Professor Petra Gastmeier, Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Welche möglichen neuen Behandlungsansätze es gegen resistente Krankenhauskeime gibt, lesen Sie hier. Wo resistente Bakterien auch im Alltag lauern können, erfahren Sie hier.
Warum nehmen Antibiotika-Resistenzen zu?
Ein Grund für die Zunahme resistenter Bakterien ist, dass Antibiotika zu oft und häufig unnötig verschrieben oder eingesetzt werden, nicht nur in der Human-, sondern auch in der Tiermedizin. Hierdurch werden die genetisch sehr anpassungsfähigen Bakterien regelrecht darauf getrimmt, sich mit neuen Resistenzen gegen die Antibiotika zur Wehr zu setzen. Experten sprechen von Selektionsdruck, denn resistente Bakterien haben im Antibiotika-Zeitalter einen evolutionären Selektionsvorteil. Die Bakterien sind hierbei durchaus erfinderisch: Sie entwickeln immer neue resistenzvermittelnde Gene. Diese Resistenzgene enthalten die genetische Information für zelluläre Mechanismen, mit denen Bakterien die Wirkung von Antibiotika zunichtemachen können. Hinzu kommt, dass die eingesetzten Antibiotika nur Bakterien töten, die nicht resistent sind. Resistente Bakterien hingegen können sich ungestört und ohne Konkurrenz zu anderen Bakterien vermehren. Mittlerweile weiß man, dass resistente Bakterien auch über den Kontakt mit Tieren oder über tierische Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können. Mehr zum Thema multiresistente Bakterien und welchen Einfluss die Tierzucht auf ihre Verbreitung hat, lesen Sie hier.
Forschung für wirksame Antibiotika
Die Forschung zum Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen ist ein Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Deshalb fördert das BMBF ein weites Spektrum: von den Grundlagen der Entstehung von Resistenzen, ihrer Verbreitung bis hin zur Entwicklung neuer innovativer Therapien. Zudem gilt: Um die Wirksamkeit von Antibiotika möglichst lange zu erhalten, stehen auch die Vorbeugung von Infektionskrankheiten und der verantwortungsbewusste Umgang mit Antibiotika im Mittelpunkt der forschungspolitischen Strategie.
Bereits 2008 hat das BMBF gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) entwickelt und im Jahr 2015 aktualisiert und überarbeitet (siehe hier). Das BMBF trägt in verschiedenen Förderinitiativen – national und international – zur Umsetzung dieser Strategie bei. Auf nationaler Ebene leistet das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung, kurz DZIF, einen wichtigen Beitrag (siehe hier). Ziele des DZIF sind unter anderem, neue Strategien gegen die Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien zu entwickeln und Wirkstoffkandidaten für neue Medikamente gegen Infektionskrankheiten zu erforschen.
Welche länderübergreifenden Aktivitäten das Bundesforschungsministerium für die Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen unterstützt, erfahren Sie hier.
Die Weltgemeinschaft hat die Gefahr erkannt, die von antibiotikaresistenten Keimen ausgeht. Es gilt nun, dieser weltweiten Bedrohung gemeinsam und entschlossen gegenüberzutreten. Deshalb sind Antibiotika-Resistenzen ein Schwerpunktthema der deutschen G7-Präsidentschaft 2015.
Ein bekanntes Beispiel für resistenzvermittelnde Gene, mit denen Bakterien die Wirkung von Antibiotika zunichte machen können, sind „Extended Spektrum Beta-Laktamasen“, kurz ESBL. Das sind spezielle von Bakterien gebildete Enzyme, die die molekulare Struktur von vielen Antibiotika, beispielsweise die der Penicilline, spalten können. Die Antibiotika werden damit unwirksam. Die genetische Information für diese ESBL-vermittelte Antibiotika-Resistenz liegt meist auf mobilen genetischen Elementen, den Plasmiden. Diese können zwischen Bakterien einer Art oder auch zwischen Bakterien unterschiedlicher Arten ausgetauscht werden, was zur raschen Ausbreitung ESBL-bildendender Bakterien beiträgt. Da ESBL-bildende Erreger oft auch multiresistent sind, stehen für eine erfolgreiche Therapie im Infektions-fall nur noch wenige wirksame Antibiotika zur Verfügung.