Mit dem Europäischen Antibiotikatag am 18.11. startet die „World Antimicrobial Awareness Week“ der WHO mit dem gemeinsamen Ziel, das Thema Arzneimittelresistenzen in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Das BMBF fördert umfassend Forschung hierzu.
Antimikrobielle Resistenzen – kurz AMR – treten auf, wenn Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten im Laufe der Zeit nicht mehr auf Medikamente ansprechen, so dass die Präparate wirkungslos werden. Man spricht daher auch von Arzneimittelresistenzen. Das Risiko für schwere oder sogar tödliche Erkrankungen steigt dadurch stark an. Im Kampf gegen Krankheitserreger müssen die Ursachen für eine Resistenzentwicklung erforscht und dringend neue Diagnosefähigkeiten, Therapien und Wirkstoffe entwickelt werden.
Unterschätzte Gefahren: Vor welchen Erregern die WHO besonders warnt
Damit Forschende, biomedizinische Unternehmen und politische Entscheidungsträger die gefährlichsten Krankheitserreger besonders im Blick haben, hat die WHO schon 2017 eine Liste mit zwölf Bakterienarten veröffentlicht. Die Liste unterteilt die bakteriellen Krankheitserreger aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit und des Risikos einer Resistenz in drei Kategorien: kritisch, hohe und mittlere Priorität. Laut einer aktuellen Studie im Fachmagazin „The Lancet“ starben im Jahr 2019 rund 1,27 Millionen Menschen an Infektionen, die unmittelbar durch resistente Keime verursacht wurden.
Auch bestimmte Pilzarten können für vorerkrankte und immungeschwächte Personen zu einer tödlichen Gefahr werden: Es gibt immer mehr Pilzarten, die gegen zugelassene Medikamente resistent sind. Dies veranlasste die WHO dazu, für Pilze – ähnlich wie für Bakterien – auch erstmals eine Prioritätenliste zu erstellen, um auf die besonders bedrohlichen Pilzarten aufmerksam zu machen. Diese Liste wurde am 25. Oktober 2022 veröffentlicht. Auch das BMBF setzt sich für eine stärkere Berücksichtigung dieser Erregergruppe ein und hat in seinem Förderportfolio ein Spektrum an Forschungsprojekten zu Pilzinfektionen.
Weltweites Engagement gegen gefährliche Arzneimittelresistenzen
Die World Antimicrobial Awareness Week (WAAW) ist eine globale Kampagne, die jedes Jahr vom 18. bis zum 24. November von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) organisiert wird. Ziel ist es, das Bewusstsein und das Verständnis für Arzneimittelresistenzen zu verbessern. Im Jahr 2022 steht die WAAW unter dem Motto „Antimikrobielle Resistenz gemeinsam verhindern".
Zum Auftakt der WAAW am 18. November findet außerdem der Europäische Antibiotikatag (European Antibiotic Awareness Day, EAAD) statt, denn auch in Europa nimmt die Zahl der mit resistenten Keimen infizierten Patientinnen und Patienten zu.
Weitere Informationen zur World Antimicrobial Awareness Week
Internationale Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg
Die Weltgemeinschaft ist sich der Gefahr, die von multiresistenten Krankheitserregern ausgeht, bewusst und tritt dieser globalen Bedrohung gemeinsam entgegen. Die Gruppe der sieben führenden Volkswirtschaften und Demokratien (G7) hat daher 2022 unter deutscher Präsidentschaft die Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen erneut als ein Schwerpunktthema auf die politische Agenda gesetzt. Die G7-Partner haben sich verpflichtet, ihre gemeinsamen Aktivitäten zu intensivieren und weitere dringende und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um antimikrobielle Resistenzen einzudämmen.
Bereits 2017 hatten die G20-Staats- und Regierungschefs beschlossen, eine gemeinsame Kollaborationsplattform zu schaffen – den Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub (Global AMR R&D Hub). Inzwischen hat der Hub 20 Mitglieder - darunter die USA, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, die Europäische Kommission, die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung sowie den Wellcome Trust. Das Sekretariat des Hubs befindet sich in Berlin und wird vom BMBF finanziert. Der Hub liefert mit dem Dynamik Dashboard einen weltweiten Überblick über Forschungsaktivitäten im Bereich AMR.
Internationale Forschungsförderung
Die Bundesregierung unterstützt den Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen mit einer langfristigen und hohen Fördersumme – so werden im Zeitraum von 2018 bis 2028 bis zu 500 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung zur Verfügung gestellt, die verschiedene Initiativen und Verbünde dabei unterstützen, neue Ansätze zur Behandlung von gefährlichen Infektionskrankheiten zu finden.
Seit 2011 gibt es die europäische Initiative zur Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen, die von Beginn an vom BMBF mitgefördert wird. Die Joint Programming Initiative on Antimicrobial Resistance (JPI AMR) hat zum Ziel, Aktivitäten zum Thema antimikrobielle Resistenzen zu koordinieren und zu stärken. Derzeit nehmen 29 Staaten an der Initiative teil.
Die durch eine Infektion mit dem Bakterium Mycobakterium tuberculosis ausgelöste Tuberkulose führt die weltweite Statistik der tödlichen bakteriellen Infektionskrankheiten an. Hier setzt das 2021 gegründete und zum Teil mit Mitteln des BMBF unterstützte Forschungskonsortium Academia and industry united innovation and treatment for tuberculosis (UNITE4TB) an: Durch die Kombination neuartiger und bestehender Medikamente sollen hochwirksame Behandlungen entwickelt werden.
Das BMBF ist außerdem an der Produktentwicklungspartnerschaft Global Antibiotic Research and Development Partnership (GARDP) und an der globalen gemeinnützigen Initiative Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator (CARB-X) beteiligt. Solche Partnerschaften spielen im Bereich der Antibiotikaentwicklung eine wichtige Rolle. Öffentliche und private Partner schließen sich hierbei zusammen, um weltweit Projekte zu hochinnovativen antibakteriellen Therapien, Impfstoffen und Diagnostika zu unterstützen.
Nationale Forschungsförderung
Neben der Beteiligung Deutschlands an internationalen Initiativen fördert das BMBF in seinem Portfolio auch auf nationaler Ebene Forschung zum Thema antimikrobielle Resistenzen:
One Health: Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam im Blick
Künftige Strategien zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen werden noch stärker berücksichtigen, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander verbunden ist. Die Gesundheit der Menschen kann nur verbessert werden, wenn auch die Gesundheit der Tiere und der Umwelt nachhaltig geschützt werden. Dieser Gedanke, der mit dem englischen Begriff „One Health“ beschrieben wird, ist Fokus der im Oktober 2022 getroffenen Forschungsvereinbarung: Unter Federführung des BMBF haben sich sechs Bundesministerien zur Stärkung des One-Health-Ansatzes in der Forschung zusammengetan.
Anfang 2022 wurde das vom BMBF geförderte Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) in Greifswald gegründet. Forschungsschwerpunkte dieses Institutes sind Zoonosen und antimikrobielle Resistenzen.
Auch in der künftigen Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2030 soll der One-Health-Ansatz stärker berücksichtigt werden. Die Strategie baut auf den vorherigen Strategien DART und DART 2020 auf, über die bereits erfolgreich die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen, neuen Antibiotika und Therapieoptionen vorangebracht werden konnte und ist die gemeinsame Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen.