In den vergangenen 100 Jahren hat die moderne Medizin ein ganzes Arsenal an Waffen entwickelt, mit denen Infektionserregern Einhalt geboten werden kann. Dazu gehören hygienische Maßnahmen und Impfungen, aber auch Antibiotika und virostatische Medikamente.
Seuchen wie Typhus, Pest oder Cholera haben sich tief im kollektiven Bewusstsein der Völker verankert. Sie wurden von der Malerei und der Literatur thematisiert, von religiösen Fanatikern instrumentalisiert. Das alles ist noch nicht so lange her. Mittlerweile ist es gelungen, schwere Seuchen zumindest in den Industrienationen weitgehend zurückzudrängen. Der wichtigste Grund dafür sind Fortschritte bei der Hygiene.
Der Begriff Hygiene geht zurück auf Hygiéia, die griechische Göttin der Gesundheit. Unter Hygiene werden heute all jene Maßnahmen der Reinigung und Desinfektion verstanden, die dazu beitragen, dass sich Krankheitskeime nicht oder weniger leicht ausbreiten können. Zu Hygienemaßnahmen gehören unter anderem die Aufbereitung des Trinkwassers und die Müllentsorgung, die Dekontamination von Instrumenten oder Flächen in medizinischen Einrichtungen, die regelmäßige Reinigung des Körpers und speziell der Hände aber auch ganz simple Dinge wie der Gebrauch von Taschentüchern.
Die Hygiene hatte es nicht leicht in der Medizin. Dem ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis gelang es, Mitte des 19. Jahrhunderts die Sterblichkeit an Kindbettfieber um 90 Prozent zu senken, indem er die Händedesinfektion bei Medizinstudenten einführte. Er erntete dafür scharfe Kritik des medizinischen Establishments. Doch die Zeiten haben sich geändert: Heute hat jedes Krankenhaus einen Hygienebeauftragten, der über die Einhaltung der etablierten Standards wacht.
Impfungen: Schützenhilfe für den Körper
Durch Hygienemaßnahmen konnten viele Infektionskrankheiten zurückgedrängt werden. Die Welt wird durch Hygiene aber nicht steril. Menschliches Leben und Infektionen gehören untrennbar zusammen. Der erfolgreiche Kampf gegen Keime stärkt den Körper und macht ihn widerstandsfähiger. Einige Infektionen sind allerdings für die Betroffenen so schwerwiegend, dass man sie am liebsten komplett verdrängen möchte. Eine Masernerkrankung kann zu schweren Entzündungen des Gehirns führen und bleibende Schäden verursachen. Mumps kann die Hoden so stark schädigen, dass keine Kinder mehr gezeugt werden können. Kinderlähmung führt zu dauerhafter Behinderung.
Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit rund 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Dies geschieht mit dem Ziel, neue Forschungsergebnisse schnell und effektiv in die klinische Praxis zu integrieren.Das DZIF ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden.
Weil sie so schwer verlaufen können, wurden für diese und andere Infektionen Impfungen entwickelt. In Deutschland erarbeitet die am Robert Koch Institut angesiedelte Ständige Impfkommission (STIKO) laufend aktualisierte Empfehlungen für Schutzimpfungen bei Kindern und Erwachsenen. Die von der STIKO empfohlenen Impfungen werden von den Krankenversicherungen erstattet.
Wer heute von Impfungen redet, meint in der Regel aktive Impfungen. Dabei werden entweder bestimmte Moleküle verimpft, die für den jeweiligen Erreger charakteristisch sind („Totimpfstoffe“). Oder aber es werden abgeschwächte Keime verimpft, auf die das Immunsystem dann reagiert, ohne dass der Betreffende schwer erkrankt („Lebendimpfstoffe“). Typische Lebendimpfstoffe sind die Mumps-, Masern- und Rötelnimpfungen. Totimpfstoffe sind unter anderem die Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis B oder Meningokokken.
Impfungen stimulieren das Immunsystem zu einer spezifischen Immunantwort, für die dann ein Immungedächtnis angelegt wird. Bei einem Kontakt mit dem entsprechenden Erreger „erinnert“ sich das Immunsystem an die Impfung und kann prompt Abwehrreaktionen einleiten, die ohne die Impfung sehr viel länger gedauert hätten.
Antibiotika und andere Keimkiller
Gegen schwere Infektionen mit Bakterien wurden seit Mitte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Antibiotika entwickelt. Über ganz unterschiedliche Mechanismen schädigen diese Substanzen die Erreger, nicht aber die menschlichen Zellen. Ein wichtiger Angriffspunkt ist beispielsweise die Zellwand von Bakterien, die es bei menschlichen Zellen nicht gibt.
Mit der Entwicklung von Medikamenten, die gezielt gegen Viren gerichtet sind, tat sich die medizinische Forschung deutlich schwerer. Mit modernen molekularbiologischen Methoden ist es aber auch hier in den vergangenen Jahren gelungen, Fortschritte zu machen. So verfügen Ärztinnen und Ärzte heute unter anderem über hoch spezifische Medikamente gegen HIV und auch gegen das Hepatitis C-Virus. Weil Viren sich in den Zellen des menschlichen Körpers versteckt halten, gelingt es mit antiviralen Medikamenten aber nicht immer, sie vollständig zu eliminieren. Manche Virusinfektionen müssen deswegen lebenslang oder zumindest immer wieder behandelt werden, wenn es dem Körper nicht gelingt, sie von selbst loszuwerden.
Ein zunehmendes Problem sowohl bei den Antibiotika als auch bei den antiviralen Medikamenten ist die Entwicklung von Resistenzen. Ein nicht sachgemäßer Einsatz von Antibiotika begünstigt Erregervarianten, die unempfindlich gegen gängige Medikamente sind. In der Medizin werden Antibiotika beispielsweise bei den meist durch Viren verursachten Atemwegsinfektionen deutlich zu oft eingesetzt. Und in der Tierzucht gibt es immer noch Züchter, die das Tierfutter mit Antibiotika versetzen. Wegen der Resistenzproblematik ist die Entwicklung neuer Arzneimittel gegen Bakterien und Viren ein wichtiges Handlungsfeld für die infektiologische Forschung.