Wer sich die globalen Infektionsstatistiken ansieht, der findet bei den Todesursachen vier einzelne Infektionserkrankungen, die rein zahlenmäßig alle anderen in den Schatten stellen: HIV/AIDS, Tuberkulose, Malaria und Hepatitis
Das im Jahr 1983 entdeckte Humane Immundefizienz-Virus (HIV) ist der Auslöser einer Pandemie, die in der jüngeren Geschichte ihresgleichen sucht. Pro Jahr fordert AIDS rund eine Millionen Opfer (WHO). 36,7 Millionen Menschen sind derzeit mit dem HI-Virus infiziert, zwei Drittel davon in Afrika südlich der Sahara.
Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit rund 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Dies geschieht mit dem Ziel, neue Forschungsergebnisse schnell und effektiv in die klinische Praxis zu integrieren.Das DZIF ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden.
In den vergangenen zwanzig Jahren hat die moderne Medizin mit immensem Forschungsaufwand Therapien entwickelt, die die Vermehrung von HIV bremsen und den Ausbruch einer manifesten AIDS-Erkrankung verhindern oder zumindest um Jahrzehnte verzögern können. Trotzdem bleibt die HIV-Infektion eine große Herausforderung: Ein Großteil der Infizierten vor allem in Afrika hat beispielsweise keine Kenntnis von der eigenen Infektion. Diagnostik und Therapie sind teuer und aufwändig. Viele Hoffnungen ruhen deswegen auf der Entwicklung eines Impfstoffes, die in einem globalen Kraftakt in internationaler Kooperation vorangetrieben wird.
HIV befällt wichtige Abwehrzellen des Körpers, genauer eine Untergruppe der T-Lymphozyten, die für ein funktionierendes Immunsystem unverzichtbar sind. Unbehandelt führt eine Infektion mit HIV dazu, dass die Zahl dieser spezifischen T-Zellen abnimmt. Unterschreitet die Konzentration eine definierte Grenze, kann sich der Körper gegen Erreger, die für ihn sonst kein Problem darstellen, nicht mehr wehren. Von AIDS spricht man daher erst, wenn diese Grenze unterschritten ist und mindestens eine für AIDS typische Begleitkrankheit auftritt. Dies können beispielsweise generalisierte Pilzinfektionen oder seltene Tumorerkrankungen sein.
Tuberkulose: Multiresistente Erreger werden zur Gefahr
Die Tuberkulose („Schwindsucht“) war im 19. und frühen 20. Jahrhundert die häufigste schwere Infektionserkrankung weltweit. Dank Fortschritten bei Hygiene und Antibiotikatherapie ist die Erkrankung bei uns heute selten geworden. Etwa 4.500 Neuinfektionen treten in Deutschland pro Jahr auf. Ganz anders sieht es in anderen Teilen der Welt aus: Rund 10,4 Millionen Menschen erkranken derzeit weltweit jährlich neu an Tuberkulose. 1,8 Millionen sterben pro Jahr daran(WHO).
Mit speziellen Antibiotika ist die Tuberkulose heilbar. Erforderlich ist allerdings eine Kombinationstherapie, die mehrere Monate dauert. Ein zunehmendes Problem in vielen Teilen der Welt sind (multi-)resistente Tuberkuloseerreger, die gegen eines oder mehrere der gängigen Antibiotika resistent sind. Bemerkenswert ist, dass rund ein Drittel der Menschheit das Tuberkelbakterium in sich trägt. Die allermeisten Menschen erkranken aber niemals, da das Immunsystem eine Vermehrung der Bakterien verhindert. Mangelernährung und Immunschwäche (z.B. durch eine parallele HIV-Infektion) begünstigen den Krankheitsausbruch.
Seit mehr als hundert Jahren ist die einzige wirksame Prävention die Impfung mit dem BCG-Impfstoff. Der Impfstoff schützt aber nur unzuverlässig und nicht lebenslang. Er ist zudem wirkungslos bei bereits Infizierten und bei paralleler HIV-Infektion sogar kontraindiziert. Neue, wirksamere und breiter einsetzbare Vakzine werden daher dringend benötigt.
Die Tuberkulose wird verursacht durch Mykobakterien und hier vor allem durch das von Robert Koch im Jahr 1882 entdeckte Mycobacterium tuberculosis. Bevorzugt besiedelt dieser Erreger die Lunge. Wenn diese Besiedlungsherde Anschluss an die Atemwege bekommen und die Bakterien „ausgeatmet“ werden können, wird von offener, also ansteckender Tuberkulose gesprochen.
Malaria: Der Mensch als Zwischenwirt
Die Malaria ist eine Parasiteninfektion, der weltweit pro Jahr über 400.000 Menschen zum Opfer fallen (WHO). Die auch Wechselfieber oder Sumpffieber genannte Erkrankung äußert sich durch periodische Fieberschübe, Magen-Darm-Beschwerden, Blutarmut und Krämpfe. Schwere Verläufe, die häufig zum Tod führen, kommen vor allem bei Kindern vor.
Die Malaria ist eine behandelbare Erkrankung, sofern sie rechtzeitig erkannt wird. Leider sind die Erreger ebenfalls zunehmend unempfindlich gegen viele Medikamente. Umso wichtiger ist es, Mückenstiche zu verhindern und Impfstoffe zu entwickeln. Reisende in Malariagebieten sollten eine reisemedizinische Beratung wahrnehmen.
Der Erreger der Malaria sind Plasmodien. Diese wechseln in ihrem Lebenszyklus zwischen dem Menschen und verschiedenen Mückenarten als Wirt: Durch den Stich einer weiblichen Mücke gelangen Plasmodien-Vorformen mit dem Speichel der Mücke ins menschliche Blut. Sie siedeln zunächst in Leberzellen, wo sie sich auch teilen. Von dort siedeln sie dann in die roten Blutkörperchen um, wo sie zu Keimzellen heranreifen. Die eigentlich sexuelle Vermehrung der Plasmodien findet wieder in der Mücke statt, die die Keimzellen bei einer weiteren Blutmahlzeit aufnehmen.
Virushepatitis: Tödliche Gefahr für die Leber
Die Virushepatitis ist eine Infektion der Leber durch Hepatitisviren. Eine Hepatitis B, C oder D kann chronisch verlaufen. Das führt zu schweren Veränderungen der Leber bis hin zu Leberzirrhose und Leberkrebs. Es wird geschätzt, dass an chronischer Virushepatitis weltweit mindestens eine Million Menschen pro Jahr versterben (WHO). Gegen die Hepatitis B gibt es mittlerweile eine Impfung. Für Hepatitis C und D existiert bislang noch kein Impfstoff. Medikamente zur Behandlung der chronischen Virushepatitis existieren. Sie helfen aber nur einem Teil der Erkrankten.
Die Hepatitis A ist eine akute Infektion, die man sich beispielsweise durch den Genuss ungewaschener beziehungsweise ungekochter Lebensmittel zuziehen kann. Sie heilt in der Regel nach einigen Wochen wieder ab und kann durch eine Impfung verhindert werden. Schwerer verlaufen die Hepatitis B, die durch Körperflüssigkeiten oder durch Geschlechtsverkehr übertragen wird, die Hepatitis C, die vor allem durch Blutprodukte und kontaminierte Spritzen bei Drogenabhängigen weitergegeben wird und die auf ähnlichen Wegen übertragene Hepatitis D(elta).