Die Gesundheitssituation der Menschen in Subsahara-Afrika verbessern: Zu diesem Ziel initiierte das Bundesforschungsministerium 2016 afrikanisch-deutsche Forschungsnetzwerke. 2023 starten neue Netzwerke in dieser erfolgreichen Wissenschaftskooperation.
Austausch, Bilanz und Aufbruch – das steht auf der Agenda einer zweitägigen Konferenz der Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika, die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger am 28. März in Kapstadt eröffnet hat. An dem Treffen nehmen rund 160 afrikanische und deutsche Netzwerkpartner, politische Entscheidungsträgerinnen und -träger aus den Partnerländern sowie weitere Interessenvertreter und deutsche und internationale Förderer teil.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat diese deutsch-afrikanische Zusammenarbeit in der medizinischen Forschung 2016 auf den Weg gebracht; ihr wichtigstes Ziel ist es, eine Verbesserung der Gesundheitssituation der Menschen in Subsahara-Afrika zu erreichen. Die Partnerschaft fördert den Auf- und Ausbau von Forschungskapazitäten im südlichen Afrika – diese Forschung vor Ort ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse schneller Eingang in die örtlichen Gesundheitssysteme finden. Zudem werden Forschenden attraktive Karriereoptionen eröffnet, was ebenfalls zur nachhaltigen Stärkung der Gesundheitssysteme beiträgt.
RHISSA: Zweite Förderphase bringt vier neue Forschungsnetze an den Start
Unter der Abkürzung RHISSA (Research Networks for Health Innovations in Sub-Saharan Africa), mit der fortgesetzten Förderung von zwei sowie der Aufnahme von vier neuen Forschungsnetzwerken startet die mit rund 50 Millionen für fünf Jahre ausgestattete Förderinitiative 2023 in eine zweite Phase. Das Besondere an dieser Form der Forschungskooperation: Die Arbeit der Netzwerke in den beteiligten afrikanischen Staaten orientiert sich an den lokalen Bedürfnissen und wird von afrikanischen Partnern koordiniert.
Die afrikanischen Forschenden und ihre deutschen Partner nehmen vor allem jene Erkrankungen in den Blick, unter denen im südlichen Afrika Millionen Menschen leiden – beispielsweise Tuberkulose und durch Parasiten ausgelöste Krankheiten, aber auch Sepsis und Krebs. Oft fehlen für diese Erkrankungen schnelle und sichere Diagnosemöglichkeiten vor Ort, erfolgt eine Therapie zu spät oder können Patientinnen und Patienten sich die Behandlung nicht leisten.
Auch für die bis zum Jahr 2028 laufende zweite Förderphase wird das BMBF 50 Millionen Euro bereitstellen; gefördert werden insgesamt sechs Netzwerke, an denen 37 Forschungseinrichtungen aus 14 Ländern Subsahara-Afrikas sowie zwölf Forschungseinrichtungen aus Deutschland beteiligt sind. Neu in die Förderung aufgenommen wurden vier Forschungsnetzwerke, an denen Forschungseinrichtungen aus dem Senegal, Uganda, Nigeria, Sudan, Äthiopien, Burkina Faso, Tansania, Ghana sowie Südafrika beteiligt sind. In diesen Forschungsnetzwerken stehen die Zunahme von Antibiotikaresistenzen und eine ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt im Vordergrund sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Jugendgesundheit. Zudem geht es um den Aufbau von Exzellenzzentren zur Früherkennung von Brust- und Gebärmutterhalskrebs und eines Expertennetzwerks, um eine schnelle Diagnose und Behandlung von schweren Infektionen und Sepsis telemedizinisch zu unterstützen.
Erste Bilanz: Kooperation hat sich in mehrfacher Hinsicht bewährt
Die Förderinitiative trägt dazu bei, die Ungleichheiten zwischen den Forschungsprogrammen in Ländern des Globalen Nordens und Ländern des Globalen Südens zu überwinden und setzt auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dieses Konzept hat sich laut einer begleitenden Evaluation von Capacity Development International (CDI) in mehrfacher Hinsicht bewährt. Einerseits hat das Programm dazu beitragen, dass sich zahlreiche junge Forschende langfristig in der Gesundheitsforschung ihrer Länder engagieren wollen, andererseits bildet die Erschließung neuer Forschungsfelder und der Aufbau von Datenbanken einen wichtigen Baustein für zukünftige Forschung. Über die enge Zusammenarbeit mit ihren deutschen Projektpartnern, so ein Ergebnis der Evaluation, haben die afrikanischen Forschenden zudem ihre Kompetenzen im Management großer Konsortien und bei der Akquise von Fördermitteln ausgebaut.
Auch auf gesundheitspolitischer Ebene sei ein positiver Einfluss der Forschungsnetzwerke bereits erkennbar, heißt es in dem Bericht. So etwa sind neue Erkenntnisse aus den Netzwerken in Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Tuberkulose und gefürchteten Tropenkrankheiten wie der lymphatischen Filariose und der Zystizerkose eingeflossen. Obwohl die COVID-19-Pandemie die eigentlichen Forschungsarbeiten vielerorts verzögert und unterbrochen hat, seien die Netzwerke dank der aufgebauten Infrastrukturen in der Lage gewesen, zügig zur nationalen und regionalen Reaktion auf die Pandemie beizutragen.
Eindrücke von der RHISSA Bridging Conference, Kapstadt, Südafrika, 28.-29. März 2023. ©Adam Asmal/BMBF
Wichtiger Schub zur besseren Diagnostik und Behandlung gefürchteter Krankheiten
Dies gilt zum Beispiel für das ANDEMIA-Netzwerk. In der COVID-19-Pandemie lieferte ANDEMIA die ersten genomischen SARS-CoV-2-Sequenzdaten für Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) und Burkina Faso und leistete mit diesen Informationen einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Überwachung des Virus und seiner Varianten. In den ANDEMIA-Partnerländern Burkina Faso, Côte d’Ivoire, der Demokratischen Republik Kongo und Südafrika gelang es zudem, ein umfassendes Überwachungssystem für Infektionskrankheiten aufzubauen und so die Diagnostik und Behandlung in den teilnehmenden Zentren zu verbessern.
Das Forschungsnetz CEBHA+ war insbesondere mit seinem „Integrated Knowledge Translation (IKT)“-Ansatz erfolgreich und der Durchführung von Schulungen in den Bereichen öffentliche Gesundheit und Gesundheitsbildung in Äthiopien, Malawi, Ruanda, Uganda und Südafrika.
Bei CYSTINET-Africa ging es um den Aufbau eines Zystizerkose-Netzwerks in den Partnerländern Tansania, Sambia und Mosambik, die Entwicklung von Aufklärungsmaterial über die durch Larven des Schweinebandwurms ausgelöste Zystizerkose und neue Wege zu ihrer Behandlung. Finden Larven des Schweinebandwurms ihren Weg ins Gehirn, kann es zur Neurozystizerkose kommen. Sie ist die häufigste Ursache für erworbene Epilepsie bei Erwachsenen weltweit und die häufigste neurologische Störung in Afrika.
Wichtige Erfolge gelangen auch den Projektbeteiligten bei TAKeOFF. Sie bauten eine Plattform zur Durchführung klinischer Studien zur lymphatischen Filariose in den Partnerländern Ghana, Tansania und Kamerun auf. Für diese mit schweren Lymphödemen und teils extremen Schwellungen an Gliedmaßen einhergehende Erkrankung entwickelten sie eine verbesserte Behandlung durch Medikamente und Hygienemaßnahmen.
Die Projektbeteiligten bei TB Sequel widmen sich den möglichen Folgeerkrankungen einer Tuberkulose-Infektion und erproben eine Zusatzbehandlung, um nach einer Therapie weiterhin bestehende Beeinträchtigungen der Lunge zu verringern. In der ersten Förderphase führten sie eine Langzeitstudie mit rund 1.500 Tuberkulose-Patienten in einem Zeitraum von 24 Monaten durch, um klinische und radiologische Entwicklungen sowie die Lebensqualität Erkrankter im Laufe der Therapie zu messen.
Die Projektbeteiligten bei ADAPT, dem afrikanischen One-Health-Netzwerk zur Krankheitsprävention, wollen staatliche, lokale und regionale Akteure aus sieben afrikanischen Ländern zusammenbringen, um das Management von Antibiotikaresistenzen und den sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten zu verbessern, zum Beispiel Flussblindheit, Dengue-Fieber oder Lepra. Außerdem geht es um einen besseren Umgang mit antimikrobiellen Substanzen.
Ziel des DASH-Netzwerks ist es, die Jugendgesundheit im südlichen Afrika zu fördern. In den afrikanischen Partnerländern sollen die politischen Rahmenbedingungen in den Bereichen Ernährung und körperliche Aktivität, sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie mentale Gesundheit und Gewalt evaluiert und Maßnahmen zu ihrer Verbesserung entworfen werden.
Jedes Jahr werden im südlichen Afrika eine halbe Million durch Krebs verursachte Todesfälle verzeichnet. Im „Netzwerk für onkologische Forschung in Afrika“ (NORA) geht es insbesondere um den Aufbau eines länderübergreifenden Krebsregisters, die Entwicklung von Früherkennungsprogrammen und bessere Behandlungsmöglichkeiten.
Weltweit sterben jedes Jahr rund elf Millionen Menschen an einer durch Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten verursachten Sepsis. In Subsahara-Afrika ist die Sepsis-Sterblichkeitsrate höher als in jeder anderen Region der Welt. Das STAIRS-Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Sepsis-bedingten Todesfälle zu senken. Dazu soll unter anderem ein Expertennetzwerk aufgebaut werden, das die Früherkennung und Behandlung von schweren Infektionen und Sepsis telemedizinisch unterstützt.
In der ersten Förderphase des Netzwerks TAKeOff konnte die Prävention und Behandlung der durch Fadenwürmer verursachten Filariose sowie der nicht-infektiösen Podokoniose durch Medikamente und Hygienemaßnahmen verbessert werden. In den beteiligten Partnerländern Ghana, Kamerun und Tansania werden die Forschenden dazu Langzeitbeobachtungen anstellen.
TB Sequel untersucht Begleiterkrankungen, Risikofaktoren und Langzeitkomplikationen der Tuberkulose (TB) sowie deren Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit in Subsahara-Afrika. Dazu wurde seit 2016 eine Kohorte mit rund 1.500 neu diagnostizierten TB-Patientinnen und -Patienten aufgebaut, die jetzt genutzt wird, um den langfristigen Krankheitsverkauf einer Post-Tuberkulose-Lungenerkrankung (PTLD) zu analysieren. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Erforschung neuer Strategien zu Diagnose, Prophylaxe und Therapie von PTLD.
Insbesondere Kinder leiden in Subsahara-Afrika unter Erkrankungen der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts, akuten Fiebererkrankungen unbekannten Ursprungs und Infektionen mit multiresistenten Erregern. ANDEMIA bekämpft diese Krankheiten länderübergreifend und hat dazu ein umfassendes Überwachungssystem für Infektionskrankheiten aufgebaut.
Zu den Hauptursachen für die Krankheitslast in Subsahara-Afrika gehören neben Infektionskrankheiten wie AIDS oder Malaria auch nicht-infektiöse Krankheiten und Unfallverletzungen. Im Netzwerk CEBHA+ ging es deshalb vor allem darum, langfristig Kapazitäten und Infrastrukturen für eine präventive und kurative Gesundheitsversorgung in Subsahara-Afrika etablieren.
Trotz existierender Behandlungsmöglichkeiten verbreitet sich die durch den Schweinebandwurm verursachte Zystizerkose in weiten Teilen Subsahara-Afrikas immer stärker. Ziel von CYSTINET-Africa ist es, zur Eliminierung und Prävention von Zystizerkose bzw. Neurozystizerkose beizutragen, die als die häufigste Ursache für Epilepsien in Subsahara-Afrika gilt. Ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Entwicklung von Aufklärungsmaterial, um das Wissen der Bevölkerung über Erkrankungswege und Möglichkeiten zur Vermeidung einer Infektion zu verbessern.