Fördermaßnahme

Interdisziplinäre Nachwuchszentren für reproduktive Gesundheit

Veröffentlichung der Bekanntmachung: 2022
Förderzeitraum: 2023 - 2026
Gesamte Fördersumme: bis zu 16 Mio. Euro
Anzahl der Projekte: 5

1. Ziele des Förderschwerpunktes

Die reproduktive Gesundheit hat eine hohe Bedeutung für jeden einzelnen Menschen, die Gesellschaft und die ­Gesundheit nachfolgender Generationen. Sie beinhaltet sowohl körperliche und medizinische Dimensionen als auch psychosoziale und medizinethische. In ihrer gesamten Spannbreite erstreckt sich die reproduktive Gesundheit von der Keimzellbildung über die embryonale Entwicklung und die sexuelle Differenzierung bis hin zur generellen Gesundheit des Erwachsenen sowie nachfolgender Generationen.

Die deutsche Forschungslandschaft ist im internationalen Vergleich im Bereich der reproduktiven Gesundheit nicht so aufgestellt, dass sie der Relevanz und Breite des Themas und den bestehenden Herausforderungen entspricht. Es besteht großer Bedarf an Forschungsgruppen und insbesondere wissenschaftlichen Nachwuchskräften im Bereich der universitätsmedizinischen Forschung zu reproduktiver Gesundheit, um eine qualitativ hochwertige und somit perspektivisch international wettbewerbsfähige Forschungslandschaft aufzubauen.

Ziel der Fördermaßnahme ist es, den Forschungsbereich der reproduktiven Gesundheit in der Universitätsmedizin zur Profilbildung strukturell zu stärken und mehr Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler nach der Promotion in diesem Forschungsbereich zu halten. Dabei sollen vor allem Fragen zur translationalen und klinischen Reproduktionsforschung, zur Prävention, zum Erhalt der reproduktiven Gesundheit und zu gesellschaftlichen Fragen der Reproduktion beantwortet werden. Um wesentliche Fragen der reproduktiven Gesundheit zu beantworten und damit die Versorgung der Betroffenen verbessern zu können, ist insbesondere ein interdisziplinärer Ansatz unter Kooperation von Forschung und Klinik wichtig.

2. Stand der Fördermaßnahme

Die eingegangenen Projektskizzen wurden durch ein international besetztes und interdisziplinäres Begutachtungsgremium bewertet. Auf dieser Grundlage wurden fünf Zentren zur Förderung ausgewählt. Die Zentren werden in einer ersten Phase für drei Jahre mit etwa elf Millionen Euro durch das BMBF gefördert. Erste Nachwuchszentren haben ihre Arbeit im Oktober 2023 aufgenommen. Die Übrigen folgten im November 2023.

Die Forschungsthemen, zu denen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eigene Forschungsprojekte interdisziplinär bearbeiten sollen, sind breit gefächert. Diese umfassen Frauengesundheit und Schwangerschaft, die männliche Fortpflanzungsfähigkeit, den Erhalt der Zeugungsfähigkeit aller Geschlechter beispielsweise bei Krebs bzw. Endometriose, oder den Einfluss von Übergewicht auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit.

Einzelprojekte

Centre for Research and Development of Reproductive Scientists

Förderkennzeichen: 01GR2303
Gesamte Fördersumme: 3.304.475 EUR
Förderzeitraum: 2023 - 2026
Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Frank Tüttelmann
Adresse: Westfälische Wilhelms-Universität, Medizinische Fakultät, Institut für Reproduktionsgenetik
Vesaliusweg 12-14
48149 Münster

Centre for Research and Development of Reproductive Scientists

Die Reproduktionsforschung bedient sich verschiedener wissenschaftlicher und medizinischer Disziplinen. Die Arbeit an ihren Schnittstellen stellt eine Herausforderung dar. Bislang gibt es zu wenig Forschende mit den umfassenden Fähigkeiten und der Expertise für dieses interdisziplinäre Forschungsfeld. Zudem fehlen Optionen für spezifische Karrierewege, um ausreichend eigenständig wissenschaftliche und/oder klinische Führungskräfte in diesem Forschungsbereich hervorzubringen. Um die Spitzenforschung auf dem Gebiet der Reproduktion und Infertilität zu fördern, soll daher ein auf Medical und (Advanced) Clinician Scientists in der Reproduktionsforschung zugeschnittenes Trainingsprogramm etabliert werden, das auf eine akademische Laufbahn vorbereitet. Dieses Trainingsprogramm soll sowohl eine interdisziplinäre wissenschaftliche und klinische Ausbildung als auch praktische Unterstützung bei der Karriereentwicklung hin zu Führungspositionen sicherstellen. Das angegliederte Forschungsprogramm beschäftigt sich unter Beteiligung unterschiedlicher klinischer und wissenschaftlicher Disziplinen mit den genetischen Ursachen für Infertilität und Komorbiditäten (Forschungsbereich A), der Hodenentwicklung und Fertilitätsprotektion (B), Spermienfunktionsstörungen und Ziliopathien (C) sowie der Befruchtung und Implantation (D).

Sexuelle und reproduktive Gesundheit bei Übergewicht und Adipositas

Förderkennzeichen: 01GR2302
Gesamte Fördersumme: 2.824.258 EUR
Förderzeitraum: 2023 - 2026
Projektleitung: Prof. Dr. Anke Diemert
Adresse: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin
Martinistr. 52
20251 Hamburg

Sexuelle und reproduktive Gesundheit bei Übergewicht und Adipositas

Übergewicht und Adipositas werden weltweit immer häufiger – betroffen sind gegenwärtig mehr als 20 Prozent der globalen Population. Die Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit sind gravierend, beispielsweise durch ein erhöhtes Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bislang sind in der Forschung zu Übergewicht und Adipositas allerdings Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit stark unterrepräsentiert. Epidemiologische Erkenntnisse belegen, dass Übergewicht und Adipositas nicht nur die Fruchtbarkeit verringern, sondern auch das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen erhöhen. Neben schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen für Mutter und Kind können Übergewicht und Adipositas auch die sexuelle Gesundheit und das Wohlbefinden beeinträchtigen. Die WHO hat ein breites Konzept reproduktiver Gesundheit entwickelt, das deren engen Zusammenhang mit sexueller Gesundheit während der gesamten Lebensspanne hervorhebt. Vor diesem Hintergrund soll mit dem Vorhaben SRHOO ein Nachwuchsforschungszentrum für sexuelle und reproduktive Gesundheit bei Übergewicht und Adipositas eingerichtet werden. Zentrales Ziel des Zentrums ist es, die negativen Auswirkungen von Übergewicht und Adipositas auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit zu verringern, indem die klinische Versorgung Betroffener verbessert und die Forschung zum Thema gestärkt wird. Hierzu wird ein exzellentes interprofessionelles Forschungsumfeld geschaffen, in dem ein klinisch ebenso bedeutsames wir sensibles Thema interdisziplinär bearbeitet werden kann. Dem eigens für das Zentrum zu rekrutierenden wissenschaftlichen und klinischen Nachwuchs wird es so ermöglicht, Erkenntnisse darüber zu erarbeiten, wie Adipositas, psychische Gesundheit, Lebensstil und sexuelle Funktion miteinander zusammenhängen. Diese Erkenntnisse werden in Leitlinien für die aktive Überwachung, Interventionsansätze und Präventionsmodelle in der klinischen Praxis einfließen.

Interdisziplinäres Nachwuchsforscherzentrum für Fertilitätsprotektion der Universität Ulm

Förderkennzeichen: 01GR2301
Gesamte Fördersumme: 2.913.047 EUR
Förderzeitraum: 2023 - 2026
Projektleitung: Prof. Dr. Katharina Hancke
Adresse: Universität Ulm, Universitätsklinikum, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Prittwitzstr. 43
89075 Ulm

Interdisziplinäres Nachwuchsforscherzentrum für Fertilitätsprotektion der Universität Ulm

Die interdisziplinäre Nachwuchs-Forschergruppe für Fertilitätsprotektion in Ulm – bestehend aus vier Medical (Biologie, Humangenetik, Psychologie und Ethik) und drei Clinician Scientists (Gynäkologie, Pädiatrie und Hämato-Onkologie) – untersucht unterschiedliche Aspekte der Fertilitäts-Protektion zur Verbesserung bestehender und Entwicklung neuer innovativer Methoden zur Erhaltung der Fruchtbarkeit. Bei Frauen wird insbesondere die Kryokonservierung und Re-Transplantation von reifem und präpubertärem Eierstockgewebe im Chorion-Allantois-Membran (CAM) Modell untersucht. Bei Männern werden Samenproben von Patienten mit verschiedenen Tumorentitäten, sowie der Einfluss von zytotoxischen Therapien und Kryokonservierung genauer untersucht. Der Fertilitätserhalt ist insbesondere wichtig für onkologische Patientinnen und Patienten vor einer Keimzell-toxischen Therapie, bei schwerer Endometriose, für Transgender-Personen vor Beginn einer Hormontherapie sowie für gesunde junge Frauen, die ihre Familienplanung in einen späteren Lebensabschnitt verschieben wollen ("Social Freezing"). In diesen Studien sollen interdisziplinär molekularbiologische, (epi)genetische, translationale, klinische sowie ethische und rechtliche Gesichtspunkte und Grenzen berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden psychologische Aspekte dieser verschiedenen Gruppen vor, während und im langfristigen Verlauf untersucht, wobei Kinder, Frauen, Männer und Transgender betrachtet werden und die Veränderungen in Bezug auf Partnerschaft, Familiensituation und Sexualität untersucht werden. Ziel ist es, die individuellen Bedürfnisse dieser Patientinnen und Patienten und ihrer Familien herauszufinden und in der Folge präventive und hilfreiche Interventionen zu entwickeln. Um dieses wichtige Gesundheitsthema auch in der breiten Gesellschaft besser präsent zu machen, sollen Betroffene mit einbezogen werden, sowie Öffentlichkeitsarbeit, Prävention und interdisziplinäre Kommunikation und Vernetzung maßgeblich fokussiert werden.