Nachwuchs – ja oder nein? Und wenn ja, wann und in welchem Abstand? Familienplanung braucht zuverlässige und nebenwirkungsarme Verhütungsmethoden. Eine Fachveranstaltung des BMBF setzte wichtige Impulse zu deren Erforschung.
Die reproduktive Selbstbestimmung und Gesundheit zählen zu den elementaren Rechten eines jeden Menschen: Dazu gehören das Recht jeder Person und jedes Paares, sich frei für oder gegen eine Elternschaft zu entscheiden sowie das Recht selbst zu bestimmen, wie viele Kinder man möchte.
Die verfügbaren Verhütungsmittel entsprechen jedoch heute nicht mehr den Bedürfnissen insbesondere jüngerer Menschen – das legt unter anderem die Studie „Verhütungsverhalten Erwachsener 2023“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nahe.
Gewünscht werden beispielsweise hormonelle Verhütungsmittel mit weniger Nebenwirkungen oder nicht-hormonelle Alternativen. Darüber hinaus besteht der Bedarf nach einer größeren Vielfalt an Verhütungsoptionen, die es beispielsweise auch Männern beziehungsweise zeugungsfähigen Personen ermöglicht, sich gleichberechtigt an einer Empfängnisverhütung zu beteiligen. Eine Online-Petition des Vereins „Better birth control“ auf Change.org zu diesen Themen unterschrieben seit ihrem Start im Jahr 2021 bereits über 130.000 Bürgerinnen und Bürger.
Verhütungsmittelforschung – ein Bedarf, viele unterschiedliche Perspektiven
Die Fachveranstaltung „Forschung zu neuen Verhütungsmethoden“ am 26. September 2024 in Berlin brachte zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus Forschung, Politik, Industrie und Gesellschaft zusammen, um über das gesellschaftlich relevante Thema einer modernen Empfängnisverhütung zu diskutieren. Das Symposium am internationalen „World Contraception Day“ unterstützte den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Forschungslandschaft in diesem Bereich, denn bislang forschen außerhalb der Pharmaindustrie vergleichsweise wenige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Themenfeld. Erkenntnisse und Impulse aus der Veranstaltung sollen in eine neue Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) einfließen. Damit trägt das BMBF auch zur Erfüllung des Koalitionsvertrages der Bundesregierung bei, in dem vereinbart wurde, die reproduktive Selbstbestimmung zu stärken und die Forschungsförderung für Verhütungsmittel für alle Geschlechter anzuheben.
Themen der Fachveranstaltung waren unter anderem neue Verhütungsoptionen für alle Geschlechter, die Perspektive der Anwendenden, die soziale Dimension des Themas sowie die besonderen Bedürfnisse des globalen Südens. Eine Podiumsdiskussion thematisierte, welchen Beitrag Deutschland zur Verhütungsmittelforschung leisten kann.
Schon am Start: Weitere Forschungsprojekte rund um Fruchtbarkeit und menschliche Fortpflanzung
Die Initiative des BMBF zur Verhütungsmittelforschung schließt an zwei aktuelle Fördermaßnahmen an, die sich mit verwandten Themen befassen: Seit 2023 unterstützt das Ministerium den Aufbau von fünf interdisziplinären Nachwuchszentren für reproduktive Gesundheit an den Standorten Hamburg, Jena, Leipzig, Münster und Ulm. Diese Zentren werden in einer ersten Phase bis zu drei Jahre mit etwa 16 Millionen Euro gefördert; eine Verlängerung ist nach erfolgreicher Zwischenbegutachtung möglich. Schwerpunktmäßig befassen sie sich mit den Themen Frauengesundheit und Schwangerschaft, männliche Fortpflanzungsfähigkeit, Erhalt der Zeugungsfähigkeit aller Geschlechter und dem Einfluss von Übergewicht auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit. Ziel der fünf Zentren ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon in einer frühen Karrierephase für diese Themen zu gewinnen und so langfristig in Deutschland eine Forschungslandschaft zur reproduktiven Gesundheit aufzubauen.
Eine weitere Fördermaßnahme fokussiert sich auf Endometriose, eine schmerzhafte gynäkologische Erkrankung, deren Ursachen noch weitgehend unbekannt sind. Im Krankheitsverlauf siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter an. Dies kann zu Gewebeschäden und chronischen Entzündungen, aber auch zu Unfruchtbarkeit führen.
Um den Betroffenen zu helfen, fördert das BMBF ab September 2024 fünf Forschungsverbünde mit rund zehn Millionen Euro über einen Zeitraum von zunächst drei Jahren. Ziel ist es, mit Hilfe interdisziplinärer Verbundforschung wesentliche Fragen zu der Entstehung und dem Verlauf der Erkrankung zu beantworten und bessere Präventions-, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.