Mit der Nahrung aufgenommene Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2 Diabetes. Forschende im FAME-Verbund untersuchen neuartige Biomarker im Blut, die mehr über mögliche Krankheitsrisiken verraten.
Eine unausgewogene Ernährung, wenig Bewegung und Übergewicht sind wesentliche Faktoren bei der Entstehung vieler chronischer Erkrankungen. Umso wichtiger ist es, bestimmte Stoffwechselprodukte im Blut zu erfassen, mit deren Hilfe sich der Übergang von Gesundheit zu Krankheit früh und verlässlich feststellen lässt, um rechtzeitig entgegen wirken zu können. Diese sogenannten Biomarker hat ein Team um Prof. Dr. Matthias Schulze am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) untersucht und dabei insbesondere die in der Nahrung vorkommenden Fettsäuren in den Blick genommen. Der von ihm geleitete internationale Forschungsverbund „FAME“ soll dank dieser neuen Biomarker spezifischere Aussagen zum individuellen Risiko zur Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2 Diabetes erlauben.
Aufgrund ihrer weiten Verbreitung zählen sie zu den sogenannten Volkskrankheiten: Rund 20 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland leiden an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei etwa 7,2 Prozent der Menschen zwischen 18 und 79 Jahren ist eine Diabetes-Erkrankung bekannt. Etwa 90 bis 95 Prozent der Betroffenen leiden an Typ-2-Diabetes. Zu den häufigsten Ursachen für beide Krankheitsbilder zählen Übergewicht, ungesunde Ernährung und zu wenig Bewegung. In allen Altersgruppen werden diese Krankheiten immer häufiger; dabei ist ein Großteil des Anstiegs auf beeinflussbare Risikofaktoren zurückzuführen. Jede und jeder Einzelne also kann dazu beitragen, Risiken zu verringern – zum Beispiel durch die Zusammensetzung der mit der Nahrung aufgenommenen Fettsäuren.
„Ein wichtiger Risikofaktor für beide Erkrankungen ist das Verhältnis der durch die Nahrung aufgenommenen Fettsäuren“, erläutert Schulze. „Um diese zu messen, nutzen wir Lipidomics, eine moderne analytische Methode, die sehr detaillierte Einblicke in die Fettsäureprofile im Blut erlaubt und uns damit objektivere und präzisere Marker als bisher an die Hand gibt.“ Fettsäuren kommen im menschlichen Blut zumeist nicht in freier Form vor, sondern als Teil komplexerer Moleküle, den sogenannten Lipiden, die sich in unterschiedliche Klassen einteilen lassen.
Die detaillierten Lipidprofile untersuchten die Forschenden in Blutproben der EPIC-Potsdam-Studie, die Mitte der 1990er Jahre initiiert und bei der das spätere Auftreten von Typ 2 Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei den Teilnehmenden erfasste wurde.
Lipidomics: Algorithmen helfen bei der Abschätzung von Risiken
Besonders interessant für die Forschenden ist eine Untergruppe von Lipiden – die Ceramide. „Um jene Ceramide zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten mit dem Auftreten von Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen kausal in Verbindung stehen, haben wir einen neuen statistischen Analyseansatz entwickelt, den NetCoupler-Algorithmus“, beschreibt Schulze. Dank dieses Algorithmus konnten die Forschenden die übermäßige Aufnahme eines bestimmten Ceramides namens Cer22:0 als mögliche Diabetes-Ursache einstufen, wollen dies aber durch weitere Analysen bestätigen lassen. Was das Team um Schulze jetzt schon weiß: Bei Menschen, die relativ viel rotes Fleisch verzehrten, fand sich eine erhöhte Konzentration von Ceramiden im Blut. Dies erklärt in den statistischen Analysen zum Teil das erhöhte Risiko dieser Personen, einen Typ-2 Diabetes zu entwickeln.
Im nächsten Schritt geht es für die Forschenden darum, einen Lipidomics-„Fingerabdruck“ zu entwickeln, der für die Fettsäurezusammensetzung der Ernährung charakteristisch ist und individuell angepasste, vorbeugende Maßnahmen zur Optimierung des Fettsäurestatus ermöglicht. In der EPIC-Potsdam Studie soll dann überprüft werden, ob sich so das Langzeitrisiko für kardiometabolische Krankheiten wie Typ-2 Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern lässt. Die Erkenntnisse des FAME-Verbundes können zur Weiterentwicklung bestehender Ernährungsempfehlungen herangezogen werden und zum Beispiel in bestehende Risiko-Tests integriert werden.