Völlig gesund zu sein ist ein Anspruch, der im Alter nicht immer gelingt. Medizinisch geht es bei älteren Menschen deswegen häufig nicht so sehr um eine vollständige Heilung, sondern um den Erhalt von Lebensqualität und Autonomie trotz Krankheit
Viele ältere Menschen sind nach klassisch-medizinischen Kriterien „krank“: Sie nehmen wegen einer chronischen Erkrankung regelmäßig Medikamente ein, auch wenn sie sich selbst vielleicht nicht oder jedenfalls nicht ständig krank fühlen.
Die medikamentöse Therapie zielt bei chronischen Erkrankungen darauf ab, langfristige Komplikationen zu verhindern. Das gilt für jüngere wie ältere Erkrankte gleichermaßen.
Im Alter kommt aber noch ein wichtiger Aspekt hinzu: Es gilt, die körperliche und geistige Funktionsfähigkeit zu erhalten. Denn wer im Alltag einigermaßen zurechtkommt, hat auch viel mehr Möglichkeiten einen selbstbestimmten Lebensabend zu verbringen. Vor allem die körperliche Funktionsfähigkeit ist dabei wichtig. Ältere Menschen müssen - im wahrsten Sinne des Wortes - in Bewegung bleiben.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsverbundes „AEQUIPA - Körperliche Aktivität, Gerechtigkeit und Gesundheit: Primärprävention für gesundes Altern" entwickeln, erproben und bewerten Bewegungsprogramme für ältere Menschen. Ihr Ziel ist es, ein Angebot zu erarbeiten, das den Alterungsprozessen – beispielsweise dem Muskelabbau – gezielt entgegenwirkt und Seniorinnen und Senioren gleichermaßen anspricht. Die Angebote sollen die älteren Menschen auch durch den Einsatz unterstützender Technologien zu mehr Bewegung motivieren. Darüber hinaus erarbeiten die Forschenden gemeinsam mit ausgewählten Gemeinden kommunale Gesundheitsförderungsstrategien für diese Zielgruppe. Somit arbeiten Forschende und Akteure aus Praxis und Politik eng zusammen, damit die Angebote die Menschen tatsächlich auch erreichen
Viele Maßnahmen können dazu beitragen, die körperlichen Aktivitäten wie Selbstversorgung, Gehen oder Treppensteigen im Alter zu erhalten. Scheinbar einfach, aber sehr wichtig, ist die Verhinderung von Unfällen, speziell von Stürzen. Einem älteren Menschen, der nach einem Sturz mehrere Wochen mit gebrochenem Hüftgelenk im Bett liegen muss, kann es schwerfallen, wieder auf die Beine zu kommen. Nicht selten führt ein Sturz und die damit verbundene längere Genesungszeit zu Einschränkungen im alltäglichen und sozialen Leben. Betroffene sind dann auf die Hilfe und Unterstützung anderer Menschen angewiesen. Nach Klinikaufenthalten kann eine professionelle Rehabilitation dazu beitragen, das Leben im Alltag wieder zu ermöglichen.
Das Sturzrisiko älterer Menschen lässt sich durch gezielte Programme – wie etwa das Bayrische Sturzpräventionsprogramm – bereits innerhalb eines Jahres deutlich verringern. Das belegen die Ergebnisse einer durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studie. Ob das Sturzrisiko auch nach Ende der Teilnahme dauerhaft vermindert bleibt und wie sich das Präventionsprogramm in den Alltag bayrischer Pflegeheime integrieren lässt, untersuchen die Forschenden in ihrem Folgeprojekt „Langzeitevaluation des bayrischen Sturzpräventionsprogramms in Pflegeheimen (LongFall)“.
Eine weitere Säule sind medizintechnische Interventionen, die darauf abzielen, spezifische Defizite, die der körperlichen Funktionsfähigkeit im Weg stehen, zu beheben. Der traditionelle Gehstock wird heute ergänzt durch Maßnahmen wie den Gelenkersatz oder auch ein Neuroimplantat, das elektrische Impulse an die Muskeln sendet und so beispielsweise eine Fußheberschwäche ausgleicht. Beides zielt nicht primär auf die Verlängerung des Lebens sondern darauf, dass der Körper funktioniert und die Lebensqualität und Selbstständigkeit des Menschen erhalten bleibt.
Immer voll bei Sinnen
Sinne, die für den Erhalt der körperlichen Aktivität wichtig sind und damit zur Lebensqualität gehören, lassen im Alter häufig als erstes nach. Der Verlust von Sehkraft oder Hörvermögen kann unterschiedliche Folgen haben, die sich auch auf die Psyche des Menschen auswirken. Seh- und Hörstörungen früh zu erkennen und effektive Maßnahmen dagegen zu ergreifen, ist deswegen ein wichtiger Faktor, um im Alter Freude, Gesundheit und das Wohlbefinden zu erhalten.
Der Gleichgewichtssinn ist meistens der erste Sinn des Menschen, der altersbedingt nachlässt. Störungen des Gleichgewichtssinns werden zunächst oft durch den Sehsinn kompensiert. Lassen die Augen im Alter allerdings nach, fällt nicht nur das Sehen schwerer sondern auch die körperliche Beweglichkeit wird deutlich eingeschränkt.
Einschränkungen des Hörvermögens wirken sich stark auf das soziale Leben aus. Denn den Betroffenen fällt es stetig schwerer einem Gespräch zu folgen – insbesondere in einem Raum mit Nebengeräuschen. Neueren Daten zufolge hört nur jeder fünfte Mensch zwischen 61 und 70 Jahren gut. Etwa genauso viele sind hochgradig schwerhörig. Zwischen 71 und 80 Jahren ist etwa jeder dritte Mensch hochgradig schwerhörig. Jenseits des 80. Lebensjahrs ist es mehr als jeder Zweite. Moderne Hörgeräte können diese Menschen unterstützen. Die Hörkontaktlinse beispielsweise, ein Im-Ohr-Hörgerät, hilft Betroffen auch bei hochgradiger Schwerhörigkeit.
Geistig rege und sozial integriert
Lebensqualität im Alter geht über den Erhalt der körperlichen Funktionsfähigkeit und der Sinnesleistungen hinaus. Wenn einer Vereinsamung und der Entwicklung von Depression im Alter entgegen gewirkt werden soll, dann ist auch der Erhalt oder zumindest weitgehende Erhalt der geistigen Gesundheit wichtig, speziell die Verhinderung von Demenzerkrankungen.
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) erforscht die Ursachen von Störungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege. Dabei kooperiert es eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen.
Das DZNE ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden.
Gerade in diesem Bereich gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissen heute, dass der Weg zur Demenz früh im Leben beginnt – lange bevor die Gedächtnisstörungen auffällig werden. Derzeit werden erste Mechanismen identifiziert, die dazu beitragen könnten, das Auftreten einer Demenz zu verhindern. Regelmäßige körperliche und geistige Betätigung scheinen hier genauso mit hinein zu spielen wie die Ernährung. Bekannt ist auch, dass Demenzen seltener auftreten, wenn der Blutdruck gut kontrolliert ist.
Ist eine Krankheit nicht mehr heilbar, so finden die Betroffenen Hilfe in der Palliativversorgung. Die Ärztinnen und Ärzte nehmen sich ihrer Symptome an und versuchen diese zu lindern. Ihr Ziel ist es dabei, den Betroffenen die bestmögliche Lebensqualität zu bieten. Dabei geht es nicht allein um die Linderungen von körperlichen Beschwerden. Häufig sind es gerade psychische oder soziale Belastungen unter denen die Menschen am Lebensende leiden. Ausschlaggebend für die Palliativbehandlung sind dabei die Wünsche und das Wohlbefinden des Erkrankten.