Auch Plasmodium falciparum, der gefährlichste Malaria-Erreger, hat Schwachstellen: Nachwuchsforschende am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) analysieren sie, um Ansätze für die Entwicklung neuer Malaria-Medikamente zu identifizieren.
Nach wie vor ist Malaria eine der weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Als gefährlichste Form der Krankheit, die auch Wechsel- oder Sumpffieber genannt wird, gilt die Malaria tropica: Sie kann nicht nur Fieberschübe, Kopf- und Gliederschmerzen auslösen, sondern auch schwere Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle, ausgeprägte Blutarmut, Organversagen und Koma. Unbehandelt sterben etwa 20 Prozent der Erkrankten.
Auslöser der Malaria tropica ist der einzellige Parasit Plasmodium falciparum: Wie alle Malaria-Parasiten gerät dieser durch den Stich einer Mücke in den menschlichen Körper. Dort vermehrt er sich zunächst in Zellen der Leber, bevor er die roten Blutkörperchen befällt und letztlich zerstört. Im Blut aber ist der Erreger angreifbar. Eine Gruppe von Nachwuchsforschenden am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg wird die Prozesse im Blut analysieren, damit neue Malaria-Medikamente entwickelt werden können. Dabei interessiert sie besonders die sogenannte Nahrungsvakuole, ein Zellbläschen des Parasiten, denn hier sammeln sich komplexe Moleküle, die der Parasit aus dem Blut aufnimmt.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind im Jahr 2020 weltweit ca. 241 Millionen Menschen an Malaria erkrankt und etwa 627.000 an der Infektionskrankheit gestorben. Malaria zählt zu den gefährlichsten Tropenkrankheiten überhaupt; weltweit sind mehr als drei Milliarden Menschen von Malaria bedroht. Etwa 96 Prozent aller Infektionen ereignen sich in Afrika; 80 Prozent der Verstorbenen sind Kinder, die nicht älter als fünf Jahre alt sind. Es gibt bislang keinen wirksamen Impfstoff gegen Malaria und die zugelassenen Anti-Malaria-Medikamente verlieren zunehmend an Wirksamkeit, weil die Parasiten Resistenzen entwickeln.
Forschende wollen die „Verdauung“ des Erregers stören
Der Leiter des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Teams, Dr. Joachim Michael Matz, beschreibt, was in der Nahrungsvakuole des Parasiten vor sich geht: „In diesem Zellbläschen verdaut der Parasit bis zu 80 Prozent des Hämoglobins, d. h. des roten Blutfarbstoffs seiner Wirtszellen. Dabei wird der chemische Stoff Häm freigesetzt, der für den Parasiten hochgiftig wäre, den er aber in Bio-Kristalle, das sogenannte Hämozoin, verpackt und so entgiftet.“
Die Verbindung zwischen Hämozoin und Plasmodium wurde bereits vor mehr als einem Jahrhundert von Robert Virchow und Charles Laveran beschrieben, doch ist der genaue Prozess dieser Biokristallisation bislang weitgehend unverstanden. Die Hamburger Nachwuchsforschenden sind jedoch zuversichtlich, ihn durch die Kombination aus Gentechnik, Mikroskopie und chemischer Biologie entschlüsseln zu können. Aus ihrer Sicht ist die Hämozoinbildung die „Achillesferse“ des Malaria-Erregers, da der Parasit stirbt, wenn das für ihn giftige Häm nicht mehr abgebaut werden kann.
Ziel der Forschenden ist es, die Faktoren zu identifizieren und zu charakterisieren, die die Hämozoinbildung steuern. Auch die Membran der Nahrungsvakuole stellt eine weitere Schwachstelle dar; sie hat laut Matz Einfluss auf die Medikamentenempfindlichkeit von Malariaparasiten. „Wenn wir diese Mechanismen und die Transportwege wichtiger Moleküle im Parasiten besser verstehen“, sagt Matz, „haben wir auch die Chance, sie zu stören: mit neuen, zielgerichteten Medikamenten.“
Dies ist umso wichtiger, weil es bislang trotz intensiver Forschungen noch keinen verlässlich wirkenden Impfstoff gegen Malaria gibt. Inzwischen mehrt sich zudem die Zahl der resistenten Erreger, bei denen bereits vorhandene Medikamente nicht mehr helfen. Vor allem der afrikanische Kontinent ist bisher von der Krankheit stark betroffen, aber auch in anderen Regionen der Welt steigt das Infektionsrisiko: Auch in Teilen Südeuropas und der Türkei sind zuletzt wieder Fälle von Malaria registriert worden.
Über die Richtlinie zur Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das Bundesministerium für Bildung Forschung (BMBF) das Projekt „HEMEBIOMIN – Molekulare Mechanismen der Hämbiomineralisation im Malariaparasiten“ von 2022 bis 2027 mit mehr als zwei Millionen Euro. Ziel der Fördermaßnahme ist es, die Karriere qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung gezielt zu fördern und die wissenschaftliche Basis in der Infektionsforschung in Deutschland zu stärken. Im Mai 2022 startete die zweite Förderphase der Maßnahme.