Fisch, Gemüse und Olivenöl gehören auf einen gesunden Speiseplan: Mit einer solchen mediterranen Ernährung, so eine Studie des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), könnte sich einer Alzheimer-Erkrankung vorbeugen lassen.
Alzheimer-Demenz wird durch Eiweißablagerungen im Gehirn und den schnellen Verlust von Hirnsubstanz verursacht, in der Fachsprache Gehirnatrophie genannt. Genau davor könne ein eher mediterranes Ernährungsmuster – also der häufige Verzehr von Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Getreide, Fisch und einfach ungesättigten Fettsäuren wie Olivenöl – möglicherweise schützen, erklärt Prof. Michael Wagner, Arbeitsgruppenleiter am DZNE und Leitender Psychologe der Gedächtnisambulanz des Universitätsklinikums Bonn. Milchprodukte, rotes Fleisch und gesättigte Fettsäuren werden bei dieser auch Mittelmeerkost genannten Ernährungsweise dagegen nur in geringem Maße verzehrt.
Um mehr über die mögliche Schutzwirkung mediterraner Kost herauszufinden, führten Wagner und das von ihm geleitete Forschungsteam eine bundesweite Ernährungsstudie durch, an der insgesamt 512 Probandinnen und Probanden mit einem Durchschnittsalter von rund 70 Jahren teilnahmen. 169 von ihnen waren kognitiv gesund, während 343 als Personen mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von Alzheimer eingestuft wurden – bedingt durch leichte subjektive Gedächtnisstörungen, leichte kognitive Beeinträchtigungen oder nahe Verwandtschaft mit Patienten mit einer diagnostizierten Alzheimer-Erkrankung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte die Ernährungsstudie über das mit insgesamt 6,8 Millionen Euro geförderte Kompetenzcluster Diet-Body-Brain (DietBB), das an der Universität Bonn angesiedelt ist und mit maßgeblicher Beteiligung des DZNE durchgeführt wird. Eingebettet in die DELCODE-Studie des DZNE nahmen die Forschenden insbesondere die frühen Phasen einer Alzheimer-Erkrankung in den Blick.
Bundesweite Studie, umfangreiche Testung: Fortsetzung geplant
„Menschen in der zweiten Lebenshälfte haben konstante Ernährungsgewohnheiten. Wir haben untersucht, ob die Studienteilnehmenden sich regelmäßig mediterran ernähren – und ob dies womöglich Auswirkungen auf die Gehirngesundheit hat“, erläutert Wagner. Basierend auf einem von den Studienteilnehmenden ausgefüllten Fragebogen zu den von ihnen verzehrten Lebensmitteln erforschten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ob Gehirnatrophien vorlagen und bestimmten das Hirnvolumen mittels Magnetresonanztomographie (MRT). Überdies unterzogen sich alle Probandinnen und Probanden verschiedenen neuropsychologischen Tests, in denen kognitive Fähigkeiten wie etwa Gedächtnisfunktionen untersucht wurden. Im sogenannten Nervenwasser – einer im Rückenmark vorkommenden Flüssigkeit – von 226 Personen suchte das Forschungsteam zudem nach Messwerten (Biomarkern) für Amyloid-Beta-Proteine und Tau-Proteine.
Wichtige Ergebnisse der Studie: Diejenigen, die sich ungesund ernährten, wiesen höhere pathologische Werte dieser Biomarker im Nervenwasser auf als diejenigen, die regelmäßig Mittelmeerkost zu sich nahmen. Bei den Gedächtnistests schnitten die Teilnehmenden, die sich nicht an die mediterrane Ernährungsweise hielten, zudem schlechter ab als diejenigen, bei denen regelmäßig Fisch und Gemüse auf dem Teller lagen. Auch beobachteten die Forschenden einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen dem häufigen Verzehr von Mittelmeer-typischen Lebensmitteln, und dem Volumen des Hippocampus – jenem Hirnareal, das als Schaltzentrale des Gedächtnisses gilt und bei Alzheimer frühzeitig und stark schrumpft.
„Möglicherweise schützt die mediterrane Ernährung also das Gehirn vor Eiweißablagerungen und Gehirnatrophie, die Gedächtnisverlust und Demenz verursachen können. Unsere Studie gibt Hinweise darauf“, erklärt Dr. Tommaso Ballarini. Der Wissenschaftler gehört zur Forschungsgruppe um Professor Wagner und ist Erstautor der Studie, die in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, dem Medizinjournal der Amerikanischen Akademie für Neurologie.
Um den biologischen Mechanismus zu verstehen, der sich dahinter verbirgt, ist eine Fortsetzung der Studie geplant: Nach vier bis fünf Jahren sollen die Teilnehmenden noch einmal untersucht werden, um zu erforschen, wie die Ernährungsweise die Alterung des Gehirns über einen längeren Zeitraum hinweg beeinflusst.
Bei der Alzheimer-Erkrankung sterben zunächst vor allem die Synapsen ab, jene Verbindungsstellen, über die Informationen von einer Nervenzelle an die nächste weitergeleitet werden. Im weiteren Verlauf der Krankheit sterben dann die Nervenzellen selbst ab – über weite Bereiche im Gehirn hinweg. Zu einem großen Teil verantwortlich für den Tod der Nervenzellen sind bestimmte Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen: Sogenannte Beta-Amyloid-Proteine, die Verklumpungen (Plaques) zwischen den Nervenzellen bilden und Tau-Proteine, die das Innere von Nervenzellen verkleben. Die Ursachen dieser Ablagerungen sind bislang ungeklärt. Zudem ist eine schnell fortschreitende Atrophie, das heißt eine Schrumpfung des Hirngewebes, bei Betroffenen feststellbar. Alzheimer-Symptome wie Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Unruhezustände und herausforderndes Verhalten sind die Folgen.