Wenn das Gehirn erkrankt, können Nervenzellen zugrunde gegangen sein oder „Schaltkreise“ anders funktionieren, als sie sollten. Beides kann Auswirkungen sowohl auf Hirnfunktionen wie Steuerung der Bewegung als auch die Psyche haben.
Das Nervensystem gliedert sich in einen zentralen und einen peripheren Bereich. Die Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks bilden das zentrale Nervensystem. Nervenzellen in anderen Teilen des Körpers gehören zum peripheren Nervensystem. Beide hängen eng zusammen: Wenn uns jemand über die Wange streichelt, kommt es in den Sinneszellen der Haut zu Reaktionen, die in ein elektrisches Signal übersetzt und über das periphere Nervensystem an Rückenmark und Gehirn weitergeleitet werden – wir fühlen uns wohl. Umgekehrt erreichen elektrische Signale des Gehirns über das Rückenmark und das periphere Nervensystem die Muskeln und setzen dort komplexe Vorgänge in Gang: Die Muskeln ziehen sich zusammen – wir lächeln.
Das menschliche Gehirn hat innerhalb des Nervensystems eine Sonderstellung: Es besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen, die untereinander mit hunderten Billionen von Verbindungen verknüpft sind. Nervenzellen dienen der Übertragung von Information. Sie steuern die Körperfunktionen durch elektrische und durch biochemische Signale. Die an der Übertragung beteiligten Signalmoleküle werden von Fachleuten „Transmitter“ genannt. Durch bisher nur ansatzweise verstandene Prozesse entstehen aus elektrischen und biochemischen Signalen auch jene Phänomene, die wir Bewusstsein und Psyche nennen.
Krankheitsbilder mit stark unterschiedlichen Symptomen
Erkrankungen des Gehirns können zu zwei unterschiedlichen Arten von Symptomen führen. Es können einerseits eng umschriebene Hirnfunktionen beeinträchtigt sein, beispielsweise das Gedächtnis oder die Muskelkontrolle. Andererseits kann es Probleme mit den übergeordneten Funktionen geben wie der Stimmung oder dem Bewusstsein. Die Medizin bezeichnet sie als neurologische Symptome und als psychiatrische oder psychische Symptome. In der Praxis ist jedoch eine scharfe Trennung manchmal nicht möglich, so können neurologische Erkrankungen zu psychischen Störungen führen.
In ihrer Gesamtheit gehören Erkrankungen des Gehirns zu den großen Herausforderungen für Medizin und Gesellschaft. In den Statistiken zu globaler Krankheitslast und vorzeitigen Todesfällen kommen fünf der zehn wichtigsten Krankheiten aus diesem Bereich (WHO). Die Krankheitsbilder und ihre Ursachen sind unterschiedlich. Bei der Alzheimer-Demenz und der Parkinson-Erkrankung gehen Nervenzellen zugrunde, die für das Gedächtnis beziehungsweise die Kontrolle der Muskulatur wichtig sind. Bei der Depression und bei der Schizophrenie dagegen ist die Kommunikation zwischen den Nervenzellen beeinträchtigt. Dies kann zu Stimmungsschwankungen beziehungsweise zu Wahnvorstellungen führen. Bei der Multiplen Sklerose wiederum ist die Weiterleitung von elektrischen Signalen durch die Nervenzellen beeinträchtigt. Hier wird die die Nervenzellfortsätze umgebende Isolierschicht, das sogenannte Myelin, zerstört.
Erfahrene Nervenärztinnen und -ärzte können oft vom Muster der Symptome sehr genau auf die zugrundeliegende Erkrankung schließen.
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) erforscht die Ursachen von Störungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zu Prävention, Therapie und Pflege bei Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Dabei kooperiert das DZNE eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene. Das DZNE ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden. Weitere Informationen zu den DZG finden Sie hier.
Warum das Gehirn krank wird
Es gibt einige wenige Krankheiten des Gehirns, die direkt auf ein verändertes Gen zurückzuführen sind. So gehen bei der Huntington-Erkrankung ganz bestimmte Nervenzellen des Großhirns als Folge eines Gendefekts zugrunde. Hierdurch entstehen die typischen Muskelzuckungen, die früher „Veitstanz“ genannt wurden.
Auf der anderen Seite gibt es Krankheiten, die unmittelbar auf äußere Faktoren zurückgehen, beispielsweise Infektionen des Gehirns. Sie können sowohl durch Viren als auch durch Bakterien und in sehr seltenen Fällen auch durch Pilze verursacht werden. Wichtig ist, diese Infektionen früh zu erkennen, weil sie dann oft gut behandelbar sind.
Die meisten Erkrankungen des Gehirns lassen sich allerdings nicht so klar auf ein einzelnes Gen einerseits oder äußere Faktoren andererseits zurückführen. Meist besteht eine gewisse genetische Veranlagung, die aber nicht immer zu einer Störung der Hirnfunktionen führt. Der steigende Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung beispielsweise geht einher mit einer zunehmenden Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Aber nicht jeder, der die Veranlagung für eine Demenz im höheren Alter in sich trägt, wird auch dement. Ähnlich ist es bei der Depression und der Schizophrenie. Hier kennt die Wissenschaft jeweils genetische Faktoren, die für diese Krankheiten anfällig machen. Das heißt aber nicht, dass der jeweilige Mensch auch wirklich eine Depression oder Schizophrenie entwickelt.
Forschungsnetz für psychische Erkrankungen
Das Forschungsnetz für psychische Erkrankungen vereint über 30 wissenschaftliche Einrichtungen aus ganz Deutschland. Sie erforschen neue und bewährte Wege der Prävention, Diagnostik und Therapie und optimieren sie. Es geht um Erkrankungen wie Depression, Angststörungen, bipolare Störungen, Schizophrenie, Suchterkrankungen sowie Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Autismus.