Demenz: Wenn Vergesslichkeit zur Krankheit wird

Bis zu einem gewissen Grade ist die zunehmende Vergesslichkeit eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Alterns. Ist sie allerdings so ausgeprägt, dass sie einen normalen Alltag erschwert oder unmöglich macht, wird Vergesslichkeit zur Krankheit.

Bei krankhafter Vergesslichkeit sprechen Ärztinnen und Ärzte von Demenz. Es handelt sich um eine Erkrankung, die stärker als jede andere Störung des Gehirns mit dem Lebensalter zusammenhängt. Etwa 1,4 Prozent der 65- bis 69-jährigen Menschen in Deutschland leiden unter einer Demenz. Bei den 75- bis 79-jährigen sind schon 6,4 Prozent, und bei den 85- bis 89-jährigen sind 21,9 Prozent betroffen.

Eine ältere Dame fährt auf dem Fahrrad an zwei Personen vorbei, die sich unterhalten.

Regelmäßige körperliche Betätigung geht mit einem geringeren Demenzrisiko einher. Diesen Zusammenhang zeigen eine Reihe von wissenschaftlichen Studien.

DLR Projektträger/BMBF

Nachdem die Zahl der hochbetagten Menschen im Zuge des demographischen Wandels in den kommenden Jahrzehnten stark ansteigen wird, dürfte auch die Demenzhäufigkeit zunehmen. Derzeit leben in Deutschland rund 1,5 Millionen Frauen und Männer mit einer Demenz (Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen). Schätzungen zufolge werden es im Jahr 2050 voraussichtlich über zwei Millionen sein.

Vergesslichkeit: Ein Symptom, viele Ursachen

Die Demenz ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für krankhafte Vergesslichkeit unterschiedlicher Ursachen. Gemeinsam ist allen Demenzformen, dass Nervenzellen zugrunde gehen, die für das Gedächtnis unverzichtbar sind. Deutliche Unterschiede gibt es dagegen bei den Ursachen für den Zelltod.

Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Demenz, bei der Nervenzellen des Gehirns aus noch nicht völlig geklärter Ursache zugrunde gehen. Ein solches fortschreitendes Absterben von Nervenzellen nennt man Neurodegeneration. Typisch für die Alzheimer-Demenz ist eine zunehmende Vergesslichkeit, die die Betroffenen zunächst auch selbst an sich bemerken. Für Angehörige ist das in vielen Fällen schwer einzuordnen. Im Gehirn der Betroffenen bilden sich sogenannte Eiweißplaques: Verklumpungen bestimmter Eiweißmoleküle, die bei Gesunden nicht in diesem Maße auftreten. Derzeit wird angenommen, dass diese Plaques Ursache der Demenzsymptomen sind, der endgültige Nachweis dafür gelang aber bisher nicht.

Die zweithäufigste Form der Demenz ist die vaskuläre Demenz. Hier ist die Ursache für das Absterben der Nervenzellen eine Unterversorgung, wie sie zum Beispiel durch Verstopfung von Blutgefäßen des Gehirns auftritt. Diese Form der Demenz kann durch einen Schlaganfall ausgelöst werden, sie kann aber auch durch Mikroverschlüsse von Hirngefäßen entstehen, ohne dass vorher ein „großer“ Schlaganfall aufgetreten wäre. Die Unterscheidung zwischen Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz ist nicht immer möglich. Wahrscheinlich gibt es viele Menschen, bei denen gleichzeitig beide  Demenzformen vorliegen.

Die Pick-Krankheit ist eine weitere neurodegenerative Demenz. Bei dieser Erkrankung gehen vor allem Nervenzellen zugrunde, die sich im Stirn- und Schläfenlappen des Großhirns befinden, weshalb sie unter Fachleuten frontotemporale Demenz genannt wird. Typisch ist, dass sich Persönlichkeit und Verhalten des Betreffenden stark verändern, oft lange bevor Gedächtnisstörungen auffällig werden.

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) erforscht die Ursachen von Störungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege von Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Dabei kooperiert es eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene. Das DZNE ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden. Weitere Informationen zu den DZG finden Sie hier.

Früh erkennen, gezielt therapieren

Die Demenz ist derzeit nicht heilbar. Mit den sogenannten Cholinesterase-Hemmern und den NMDA-Rezeptorblockern gibt es allerdings zwei Medikamentenklassen, die die Abnahme der Leistungsfähigkeit des Gehirns für eine gewisse Zeit verlangsamen können. Der Effekt ist aber nur vorübergehend. Eines der Probleme bei der Demenztherapie ist die meist zu späte Diagnose. Wenn die betroffenen Menschen ausgeprägte Symptome zeigen, sind viele Nervenzellen bereits irreversibel geschädigt. Ein wichtiger Eckpfeiler der Demenzforschung ist deswegen die Entwicklung neuer Diagnosemethoden, mit denen sich eine Erkrankung erkennen lässt, bevor ausgeprägte Gedächtnisstörungen auftreten.

Vorbeugen ist besser als behandeln

Welche Medikamente für eine gezielte Frühtherapie in Frage kommen, wird derzeit intensiv erforscht. Unabhängig davon kann jeder Mensch sein Demenzrisiko zumindest etwas senken. Eine Reihe von Studien zeigt beispielsweise, dass regelmäßige körperliche Betätigung mit einer geringeren Häufigkeit von Demenz im Alter einhergeht. Bei Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Blutdruck geht eine gute medikamentöse Einstellung mit einem geringeren Demenzrisiko einher (Deutsche Hochdruckliga). Auch wer auf seine Ernährung achtet und starkes Übergewicht vermeidet, kann die Demenzentwicklung im Alter positiv beeinflussen: Ein Body Mass Index (BMI) von über 30 ist aktuellen Daten zufolge mit einem vierfach höheren Demenzrisiko verbunden (Schwedisches Zwillingsregister). Und schließlich scheint der Verzicht auf Zigaretten ebenfalls ein potentes „Antidementivum“ zu sein.

Auch ein geistiges Training kann dazu beitragen, dass sich das Demenzrisiko vermindert. Wissenschaftliche Studien legen darüber hinaus nahe, dass körperliche Aktivitäten und gezielte Trainingsverfahren, die die geistigen Fähigkeiten stärken, den Krankheitsverlauf verlangsamen können.

Ergebnisse der Gesundheitsforschung

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