Von allen schweren Erkrankungen des Gehirns ist die Depression eine der häufigsten. Die Betroffenen leiden unter Antriebslosigkeit, gedrückter Stimmung oder dem Gefühl „ausgebrannt“ zu sein. Aber auch körperliche Symptome können Zeichen einer Depression sein.
Weltweit leben etwa 350 Millionen Menschen mit einer Depression. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge wird nur jeder vierte Betroffene adäquat behandelt. Gemessen an dem internationalen Indikator YLD (Years Lost due to Disability), der den Verlust von gesunden Lebensjahren durch gesundheitliche Einschränkungen beschreibt, ist die Depression die wichtigste Krankheitsursache überhaupt.
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens zumindest einmal eine schwere, behandlungsbedürftige Depression zu entwickeln, liegt derzeit bei 16 bis 20 Prozent (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)). Auch gibt es Daten, die belegen, dass die Bedeutung der Depression in Deutschland stark zunimmt. Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden derzeit daran (Deutsche Depressionshilfe).
Der volkswirtschaftliche Schaden, den die Erkrankung verursacht, ist erheblich: Etwa jeder fünfzehnte Arbeitsunfähigkeitstag geht in Deutschland mittlerweile auf das Konto einer Depression. Fehlzeiten aufgrund von Depressionen lagen 2021 laut der Deutschen Angestellten Krankenkasse mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte um 41 Prozent über dem Wert von vor zehn Jahren. Auch das Verordnungsvolumen an Antidepressiva hat sich in diesem Zeitraum in etwa verdreifacht (Techniker Krankenkasse).
Ein Chamäleon unter den Erkrankungen
Die klassischen Symptome einer Depression sind gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und ein Verlust der Fähigkeit, Gefühle zu erleben. Außerdem kann eine Depression auch eine ganze Reihe körperlicher Symptome verursachen, darunter Magen-Darm-Probleme, Herzbeschwerden oder Rückenschmerzen. Auch unspezifische Beschwerden wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Reizbarkeit oder ausgeprägte Unruhe können auf eine Depression hindeuten. Mitunter stehen die körperlichen Symptome sogar stark im Vordergrund. Bei solchen Menschen kann es schwierig sein, die Depression als Ursache zu erkennen.
Beim Burnout-Syndrom treten einige Symptome einer Depression im Zusammenhang mit einer Überlastung im beruflichen oder privaten Umfeld auf. Eine eindeutige Definition des Syndroms gibt es bislang nicht – es ist auch nicht als offizielles Krankheitsbild anerkannt. Die Betroffenen fühlen sich „ausgebrannt“. Die Lust an der Arbeit geht verloren. Wochenenden und Urlaube verlieren ihren Erholungswert, und das private Leben wird in Mitleidenschaft gezogen. Moderne, auf Effizienz getrimmte Arbeitsverhältnisse und der Zwang zur ständigen Erreichbarkeit werden als Faktoren diskutiert, die für die zunehmende Häufigkeit des Burnouts mit verantwortlich sein könnten.
Forschungsnetz für psychische Erkrankungen
Das Forschungsnetz für psychische Erkrankungen vereint über 30 wissenschaftliche Einrichtungen aus ganz Deutschland. Sie erforschen neue und bewährte Wege der Prävention, Diagnostik und Therapie und optimieren sie. Es geht um Erkrankungen wie Depression, Angststörungen, bipolaren Störungen, Schizophrenie, Suchterkrankungen sowie Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Autismus.
Gibt es Risikofaktoren für eine Depression?
In Familien- und Zwillingsstudien gibt es Hinweise auf eine genetische Veranlagung für Depression, wenn auch nicht so stark wie bei vielen anderen Erkrankungen. Frauen haben ein etwa doppelt so hohes Risiko, im Laufe ihres Lebens eine Depression zu entwickeln als Männer (DGPPN /Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)).
Soziale Faktoren können eine entscheidende Ursache für den Ausbruch einer Depression sein. Ein höheres Bildungsniveau und eine sichere berufliche Anstellung korrelieren mit niedrigeren Depressionsraten. In bildungsferneren Bevölkerungsgruppen dagegen ist die Quote an Menschen, die innerhalb eines Jahres irgendwann einmal an einer Depression leiden, fast doppelt so hoch wie in hohen sozialen Schichten (DGPPN/ÄZQ). Ungünstige Lebensumstände fördern das Auftreten einer Depression wie Arbeitslosigkeit, fehlende Integration bei Migrantinnen und Migranten, Sucht und andere Erkrankungen oder der Verlust von Angehörigen (DGPPN/ÄZQ). Kinder, deren Eltern unter Depressionen leiden, haben selbst ein erhöhtes Risiko, eine depressive Störung oder eine andere psychische Störung zu entwickeln. Weitere Risikofaktoren für Kinder sind unter anderem frühkindliche Vernachlässigung, Armut, aber auch schulische Über- oder Unterforderung.
Hilfe ist möglich
Rechtzeitig erkannt, ist eine Depression häufig gut behandelbar. Es stehen effektive nicht-medikamentöse und medikamentöse Therapien zur Verfügung. Bei den nicht-medikamentösen Therapien kann auf unterschiedliche Methoden der Psycho- und Verhaltenstherapie zurückgegriffen werden. Von medikamentöser Seite sind sogenannte trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer die am häufigsten eingesetzten Präparate.
Neben der Ausprägung der Symptome spielen bei der Auswahl der Therapiemodalität auch die persönliche Neigung, das soziale Umfeld und die kognitiven Fähigkeiten eine Rolle. Am effektivsten sind oft integrative Therapien, bei denen psychotherapeutische und pharmakologische Ansätze kombiniert werden. Die Behandlungsdauer ist unterschiedlich, meist aber recht lang.
In vielen Fällen ist nach Abklingen der Symptome eine weitere medikamentöse Behandlung nötig, um einen Rückfall zu verhindern. Häufig kann diese Therapie aber nach einer gewissen Zeit abgesetzt werden.