Fördermaßnahme

Neurowissenschaften - national

Veröffentlichung der Bekanntmachung: 2021
Förderzeitraum: 2022 - 2026
Gesamte Fördersumme: bis zu 5,0 Mio. Euro
Anzahl der Projekte: 4 Verbünde, 3 Einzelvorhaben, insgesamt 16 Zuwendungsempfänger

Die neurowissenschaftliche Forschung liefert kontinuierlich Fortschritte in Bezug auf unser grundlegendes Verständnis zur Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns unter gesunden und pathologischen Bedingungen. Dieses Wissen ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung neuer Diagnosen und Behandlungen für Patienten mit Erkrankungen. Gleichzeitig haben die Neurowissenschaften Auswirkungen auf das Verständnis und damit möglicherweise auch auf die Kontrolle menschlicher Entscheidungen, Verhaltensweisen, Emotionen und sozialer Interaktionen. Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt in den Neurowissenschaften erweitert die Möglichkeiten zur bio-medizinischen und psychologischen Einflussnahme auf den Menschen. Neue Therapieformen der Medizin erlauben bereits jetzt die techn(olog)ische Beeinflussung des Gehirns, künstliche Intelligenz wird in einer großen Breite eingesetzt, von medizinischer Diagnose bis zur Werbeoptimierung und Konsumenten-orientierten Applikationen. Alle diese Anwendungen nutzen die Aufzeichnung und Interpretation von großen Mengen gesundheitsbezogener Daten. Diese Innovationen bergen neben ihrem hohen Nutzungspotenzial auch Risiken, da ihre Anwendungen das menschliche Wesen und unsere Entscheidungen beeinflussen können.

Verantwortungsvolle Forschung und Innovation erfordert den Einbezug ethischer, rechtlicher und sozialer Aspekte (ELSA), um das Potential neurowissenschaftlicher Entwicklungen für das Wohl des Menschen zu nutzen und möglichen Risiken angemessen begegnen zu können, sowie Konsequenzen für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem frühzeitig zu erkennen und zu diskutieren.

Die Ergebnisse der Forschungsprojekte liefern wissenschaftlich-technologisch fundierte Analysen und Bewertungen, die in Leitlinien und Handlungsempfehlungen für die betroffenen Akteure aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft einfließen.

Einzelprojekte

NeurOPTICS - Optogenetik in der Neurowissenschaft

Förderkennzeichen: 01GP2212
Gesamte Fördersumme: 646.762 EUR
Förderzeitraum: 2023 - 2026
Projektleitung: Dr. Hans Zillmann
Adresse: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Universitätsring 2
06103 Halle (Saale)

NeurOPTICS - Optogenetik in der Neurowissenschaft

Die neuronale Optogenetik wirft (medizin-)ethische und rechtliche Fragen sowie Fragen der sozialen Akzeptanz auf. Das Vorhaben NeurOPTICS greift diese ethischen rechtlichen und sozialen (ELSI)Fragen auf und entwickelt in einem interdisziplinären Konsortium aus ethischer, rechtlicher und lichtkünstlerischer Expertise kohärente Lösungsansätze. Dazu wird das Vorhaben NeurOPTICS den (medizin-)ethischen und rechtlichen Rahmen der Optogenetik analysieren sowie ethische und rechtliche Empfehlungen zur Handhabung dieser Technologie erarbeiten. Zusätzlich will das Konsortium eine weitere Perspektive auf die Optogenetik in den akademischen (ELSI) Diskurs einbringen und die Diskussion über die Bedeutung der neuronalen Optogenetik und die damit verbundenen ethischen und rechtlichen Fragen in einer breiteren gesellschaftlichen Debatte anstoßen. Zu diesem Zweck nutzt das Konsortium einen bisher ungenutzten Vermittlungsansatz und wird diese Themen durch Lichtkunstreflexionen vermitteln. Die Kunst bietet einen anderen Ansatz als Ethik und Recht bisher vermochten. Während sich Ethik und Recht auf sprachliche und schriftliche Mittel stützen, objektiviert die Lichtkunst Inhalte durch Installationen und andere künstlerische Produkte. Ziel des Vorhabens NeurOPTICS ist die Weiterentwicklung des wissenschaftlichen ELSI-Diskurses sowie die Förderung des gesellschaftlichen Diskurses zur Optogenetik. Die Ergebnisse des Vorhabens dienen dadurch einem informierten und rationalen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs zur Optogenetik.

SIMSUB - Simulation von (Inter-)Subjektivität - Potenziale und Risiken künstlicher Menschen in der sozialen Neurowissenschaft

Förderkennzeichen: 01GP2215
Gesamte Fördersumme: 357.581 EUR
Förderzeitraum: 2022 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Dr. Kai Vogeley
Adresse: Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Kerpener Str. 62
50937 Köln

SIMSUB - Simulation von (Inter-)Subjektivität - Potenziale und Risiken künstlicher Menschen in der sozialen Neurowissenschaft

Seit mehr als einem Jahrzehnt untersucht die soziale Neurowissenschaft die neuralen Mechanismen, die der zwischenmenschlichen Kommunikation und Interaktion zwischen menschlichen Interaktionspartnern zugrunde liegen. Der Einsatz virtueller Charaktere als Gesprächspartner ermöglicht eine hohe ökologische Validität und gleichzeitig eine hohe experimentelle Kontrolle. Heutzutage können moderne XR-Technologien (die virtuelle, erweiterte und gemischte Realitäten integrieren) nicht nur völlig überzeugende Nachbildungen unserer Umgebung, sondern auch von Personen, einschließlich uns selbst, in Echtzeit darstellen. Dies wirft theoretische und ethische Fragen auf. Vor diesem Hintergrund wird SIMSUB 1) die Kriterien erforschen, die es uns erlauben, virtuellen Charakteren Menschlichkeit zuzuschreiben und eine erste Version einer virtuellen Anthropologie zu entwickeln, wie sie in den sozialen Neurowissenschaften naiv angenommen und verwendet wird; 2) empirische Ergebnisse über Überzeugungen, Einstellungen und Intuitionen über "virtuelle Menschen" und darüber, wann und wie diese neuen Kommunikationstechnologien zu nutzen sind, erhalten; 3) ethische Probleme im Zusammenhang mit der Frage, wie wir uns selbst als selbstbestimmte und autonome Akteure in XR verstehen können, betrachten. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Gültigkeit und Anwendbarkeit einer sozialen Neurowissenschaft der zweiten Person diskutiert. In ihrer Zukunftsperspektive wird diese Forschung für rechtliche Konzepte wie Handlungsfähigkeit, Autonomie, Verantwortung und Menschenrechte von großer Bedeutung sein. Mögliche Anwendungen jenseits der Sozialneurowissenschaften umfassen die interkulturelle Kommunikation, die Mensch-Maschine-Interaktion, Kommunikationsstörungen in der Psychopathologie und nicht zuletzt die Kommunikation unter Bedingungen sozialer Distanzierung.

FrameIntell - Das sprachliche Framing künstlicher und biologischer Intelligenz: implizite Konzepte der Kognition und deren ethische Konsequenzen

Förderkennzeichen: 01GP2211
Gesamte Fördersumme: 658.256 EUR
Förderzeitraum: 2022 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Andreas Draguhn
Adresse: Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Heidelberg, Institut für Physiologie und Pathophysiologie
Im Neuenheimer Feld 326
69120 Heidelberg

FrameIntell - Das sprachliche Framing künstlicher und biologischer Intelligenz: implizite Konzepte der Kognition und deren ethische Konsequenzen

Neurowissenschaften und künstliche Intelligenz beziehen sich beide auf das zentrale Thema der "Intelligenz". Die leitende Hypothese des Vorhabens ist, dass dieses gemeinsame Interesse - bei wachsender Bedeutung der künstlichen Intelligenz - grundlegende Auswirkungen auf unser Selbstverständnis als Menschen hat, und damit auf zentrale Voraussetzungen ethischer Positionen. Diese Hypothese wird mit Hilfe eines interdisziplinären Ansatzes überprüft und mit den linguistischen, hermeneutischen, ethischen und technisch-wissenschaftlichen Perspektiven vereint. Dazu werden repräsentative Textkorpora aus den Neurowissenschaften, der künstlichen Intelligenzforschung und dem politischen Diskurs erstellt. Auf dieser Basis werden 1) explizite und implizite Konzepte von "Intelligenz", "Kognition" und "Person" herausgearbeitet; 2) Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konzepte in den jeweiligen fachlichen oder ethisch-rechtlichen Domänen identifiziert; 3) der Gebrauch von "Intelligenz" und verwandten Begriffen in künstlicher Intelligenz und Neurowissenschaften auf Implikationen für ethische Diskurse untersucht; und 4) der öffentlichen Diskurs über ethische Aspekte biowissenschaftlicher und informationstechnischer Entwicklungen erleichtert. Dazu wird eine frei zugängliche und anwendungsfreundliche Methodenplattform für die Analyse ethischer Fragestellungen anhand großer Textkorpora zur Verfügung gestellt. Das Projekt soll - in Zeiten großer wissenschaftlicher und informationstechnischer Dynamik - einen grundlegenden ethisch-anthropologischen Diskurs zwischen den Wissenschaften, der Politik und der Öffentlichkeit fördern.