Verbund

COMPAIN - Die Komplexität von Schmerz und deren normative Implikationen

Das Verbundprojekt COMPAIN ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Richtlinie zur Förderung von Zuwendungen für multinationale Forschungsprojekte zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der Neurowissenschaften im Rahmen des ERA-NET NEURON“. Ziel dieser Maßnahme ist es, Fragen der ethischen, philosophischen, rechtlichen und sozio-kulturellen Aspekte bezogen auf neurowissenschaftliche Forschung zu identifizieren, wissenschaftliche Grundlagen für einen informierten gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs zu legen, Chancen und Risiken, die sich aus dem technischen und methodischen Fortschritt ergeben, zu bewerten sowie den allgemeinen Wissensstand zu erweitern.

Schmerz wird seit langem als subjektive Erfahrung verstanden, wobei es schon immer Bemühungen gab, Schmerz mit objektiven Mitteln besser zu beschreiben. Forschungen aus Neurowissenschaften und -philosophie haben ergeben, dass Schmerz sich wahrscheinlich aus verschiedenen Modulen zusammensetzt und sich der Begriff „Schmerz“ damit nicht auf ein einzelnes Phänomen bezieht. Diese Erkenntnis spielt aber in der (bio)ethischen Diskussion keine Rolle, so wird Schmerz hier als singuläres, negatives Phänomen verstanden, das vermieden werden sollte. Der Verbund untersucht, inwieweit die breitere Sichtweise von Schmerz die normative Bewertung in der (praktischen) Ethik beeinflussen muss. Dazu wird der Begriff „Schmerz“ in dem Sprachgebrauch von Laien sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erforscht und eine neue empirisch informierte Systematik des Begriffs erarbeitet. Anschließend kann diese im klinischen Alltag erforscht werden. Durch die internationale Zusammensetzung des Verbunds können auch kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Schmerz erforscht werden.

In dem Projekt arbeiten die deutschen Partner mit einem internationalen Partner aus Taiwan interdisziplinär zusammen.

Teilprojekte

Teilprojekt Ethik

Förderkennzeichen: 01GP2421A
Gesamte Fördersumme: 174.817 EUR
Förderzeitraum: 2024 - 2027
Projektleitung: Prof. Dr. Claudia Bozzaro
Adresse: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Institut für Experimentelle Medizin
Arnold-Heller-Str. 3
24105 Kiel

Teilprojekt Ethik

Die in den Neurowissenschaften und in der Philosophie des Geistes zunehmend verbreitete Einsicht, dass Schmerz ein modulares Phänomen ist, spielt in der (bio-)ethischen Diskussion über Schmerz kaum eine Rolle. Hier wird Schmerz noch überwiegend als singuläres Phänomen behandelt, das normativ in der Regel dadurch gekennzeichnet ist, dass es unangenehm ist und vermieden werden sollte. Ziel des Teilprojekts Ethik ist es, zu untersuchen inwieweit die neue Sichtweise auf Schmerz die normative Bewertung von Schmerz in der (praktischen) Ethik beeinflussen muss. Inhaltlich wird in der ersten Phase eine gemeinsame Literaturrecherche mit dem Teilprojekt Philosophie des Geistes zur Situiertheit von Schmerz durchgeführt. Anschließend werden durch eine weitere Literaturanalyse normativ relevante Kriterien in der bioethischen und klinischen Literatur identifiziert, um eine Typologie ethisch relevanter Systematisierungskriterien zu entwickeln. Diese dient dann der Analyse der Ergebnisse aus den beiden anderen Teilprojekten. In Phase zwei wird eine empirische Erhebung parallel in Deutschland und Taiwan durchgeführt. Im dritten Teil erfolgt eine normative Bewertung des gemeinsam erarbeiteten Systematisierungsvorschlags von Schmerz und die Entwicklung von Empfehlungen zur Umsetzung in die klinische Praxis.

Teilprojekt Philosophie

Förderkennzeichen: 01GP2421B
Gesamte Fördersumme: 161.611 EUR
Förderzeitraum: 2024 - 2027
Projektleitung: Dr. Sascha Fink
Adresse: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Centre for Philosophy of AI Research
Werner-von-Siemens-Str. 61
91052 Erlangen

Teilprojekt Philosophie

Ziel dieses Teilprojektes ist es, eine neurophilosophisch und wissenschaftstheoretisch fundierte Re-Evaluation von Schmerzontologien zu liefern. Als ein Kernproblem wird erkannt, dass der Begriff "Schmerz" sowohl ein Term natürlichsprachlicher und wissenschaftlicher Diskurse ist, in beiden jedoch unvereinbaren Ansprüchen gerecht werden muss. Begrifflich wird deswegen angeregt, den natürlichsprachlichen Begriff "Schmerz" erst zu explizieren, d. h. in genauerem, wissenschaftlichen Vokabular zu rekonstruieren. Hierbei spielen u. a. phänomenologische Kriterien eine zentrale Rolle, da die Explikate von Patientinnen und Patienten verstanden und genutzt werden sollen. In einem zweiten Schritt werden die Explikate auf ihre kognitive Funktion analysiert. Dadurch entsteht eine Ontologie von Schmerzen als durch Teilprozesse charakterisiert. Dies erlaubt den Übergang dazu, Forschung zur Schmerzmatrix in diesem Lichte zu re-evaluieren und neurophilosophisch zu untersuchen. Teil dieses Teilprojektes ist es dann, diese theoretische Arbeit zur Schmerzmatrix für eine bio- und medizinethische Arbeit aufzubereiten.