Verbund

PRIVETDIS - Mentale Privatheit, Neurotechnologie und Behinderung

Das Verbundprojekt PRIVETDIS ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Richtlinie zur Förderung von Zuwendungen für multinationale Forschungsprojekte zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der Neurowissenschaften im Rahmen des ERA-NET NEURON“. Ziel dieser Maßnahme ist es, Fragen der ethischen, philosophischen, rechtlichen und sozio-kulturellen Aspekte bezogen auf neurowissenschaftliche Forschung zu identifizieren, wissenschaftliche Grundlagen für einen informierten gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs zu legen, Chancen und Risiken, die sich aus dem technischen und methodischen Fortschritt ergeben, zu bewerten sowie den allgemeinen Wissensstand zu erweitern.

Der Begriff der mentalen Privatheit gewinnt in der Forschung zu Neurotechnologien und KI-basierten Methoden bei der Auswertung von Hirndaten an Bedeutung. Dabei wird der Begriff aus der Sicht sowohl ethischer als auch rechtlicher Fragen diskutiert. Das Projekt setzt sich vertieft mit dem Begriff der mentalen Privatheit in Verhältnis zu anderen Konzepten der Privatheit, z. B. der informationellen Privatheit, auseinander. Dabei betrachten die Forschenden insbesondere die Ansichten und Rechte von Menschen mit Behinderungen. Um die Erwartungen, Bedürfnisse, Bedenken und Herausforderungen von Neurotechnologien für die mentale Privatheit aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten, wird diese Interessensgruppe aktiv in das Projekt einbezogen. Rechtliche Analysen vergleichen, wie mentale Privatheit in verschiedenen Ländern geschützt ist und welche Verbesserungen in deutschen Regelungen sinnvoll sein könnten. Ziel dieses Vorhabens ist es, die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen von Neurotechnologien im Hinblick auf menschenrechtliche Aspekte der Privatheit von Informationen bei Menschen mit Behinderungen zu bewerten sowie Vorschläge zur Regulierung auszuarbeiten.

In dem Projekt arbeiten zwei deutsche Partner mit zwei internationalen Partnern aus Spanien und einem aus der Schweiz interdisziplinär zusammen. Die deutschen Teilprojekte tragen dabei ethische und rechtliche Analysen sowie die Projektkoordination bei.

Teilprojekte

Teilprojekt Ethik und Teilprojekt Outreach

Förderkennzeichen: 01GP2422A
Gesamte Fördersumme: 154.417 EUR
Förderzeitraum: 2024 - 2027
Projektleitung: Prof. Philipp Kellmeyer
Adresse: Universität Mannheim, Fakultät für Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsmathematik, Institut für Informatik und Wirtschaftsinformatik, Data and Web Science Group
B 6, 26
68159 Mannheim

Teilprojekt Ethik und Teilprojekt Outreach

Die Kombination von Neurowissenschaften und künstlicher Intelligenz (KI) treibt die Innovation in der Neurotechnologie voran. Dies hat zu Diskussionen über die Privatheit von inneren Zuständen wie Gedanken, Gefühlen oder Erinnerungen geführt. Diese Bedenken werden heute unter dem Begriff "mentale Privatheit" diskutiert, und die jüngsten Fortschritte in der Forschung zur Verwendung von KI-basierten Methoden bei der Analyse von Hirndaten sind in die ethischen, rechtlichen und politischen Debatten über Neurotechnologien eingegangen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Verständnis der Beziehung zwischen ethischen und rechtlichen Fragen, z. B. der Frage, wie die mentale Privatheit mit anderen Menschenrechten wie der Gedanken-, Glaubens- und Religionsfreiheit zusammenhängt. Die Debatte umfasst auch rechtliche Fragen über den Umgang mit Hirndaten und die Regulierung von Neurotechnologien. Die Ansichten von Menschen mit Behinderungen und Patienten mit neurologischen Erkrankungen, die Neurotechnologie nutzen, sind in diesen Diskussionen jedoch nicht ausreichend vertreten. Dieses Verbundprojekt zielt darauf ab, die Perspektiven von Menschen mit Behinderungen in Bezug auf den Schutz der mentalen Privatheit und den Schutz von Gehirndaten besser zu verstehen. Ziel ist es, dieses Verständnis in die ethische und rechtliche Analyse von Neurotechnologie-Regulierung und Governance zu integrieren. Das Teilprojekt Mannheim ist für die Koordination des Verbundes, die ethischen Analysen und Outreach zuständig.

Teilprojekt Recht

Förderkennzeichen: 01GP2422B
Gesamte Fördersumme: 148.237 EUR
Förderzeitraum: 2024 - 2027
Projektleitung: Prof. Dr. Fruzsina Molnár-Gábor
Adresse: Universität Heidelberg, BioQuant Zentrum
Im Neuenheimer Feld 267
69120 Heidelberg

Teilprojekt Recht

Das Projekt zielt darauf ab, einen ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz zu entwickeln, um die vielschichtigen ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen von Neurotechnologien im Hinblick auf menschenrechtliche Aspekte von informationeller Privatheit bei Menschen mit Behinderung zu bewerten. Das Teilvorhaben untersucht, ob Hirndaten in den materiellen Anwendungsbereich der Datenschutzvorschriften in verschiedenen Rechtsordnungen fallen. Es analysiert die Legitimationskraft der Einwilligung zur Rechtfertigung der Datenverarbeitung durch Neurotechnologien und vergleicht sie mit anderen Rechtfertigungsgründen. Aufbauend auf den Ergebnissen der anderen Projektteile werden die individuellen Rechte der Betroffenen und deren Schutzbereich vor dem Hintergrund ihrer Rückbindung an verschiedene Dimensionen der Privatsphäre analysiert. Diese Ergebnisse werden mit den Ergebnissen der anderen Arbeitsgruppen abgeglichen, um die Rechtslage zu erfassen und rechtliche Abwägungen zu ermöglichen, die mit den Interessenpositionen der betroffenen Akteure zusammenhängen. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf den rechtlichen Abwägungen durch die Rechtsanwender liegen (z. B. Aufsichtsbehörden). Die Ergebnisse werden als Grundlage für Überlegungen zum Datenschutz stratifizierter Gruppen dienen. Die Kontextualisierung des Schutzes von Datensubjekten wird ermöglichen, Konsequenzen für die normative Kraft von Datenschutzregeln im Vergleich zu anderen rechtlichen Regimen zum Schutz von Datensubjekten wie dem Verbraucherrecht, dem Arbeitsrecht und der Gesetzgebung im Zusammenhang mit KI zu ziehen um die Informationsgovernance von Daten für Neurotechnologien insgesamt zu verbessern. Es wird zusätzlich zu folgenden Teilvorhaben beigetragen: Interdisziplinäre konzeptionelle und ethische Analyse und gemeinschaftsgeleitete partizipative Stakeholder-Forschung zur psychischen Privatsphäre bei Behinderungen; Wissensintegration und -transfer, Öffentlichkeitsarbeit und öffentliches Engagement.