18.01.2022

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Mit RNA gegen Schimmelpilze

Immer häufiger verursachen Pilze Infektionskrankheiten und Resistenzen gegen Medikamente. Nachwuchsforschende in Jena wollen die Ribonukleinsäure (RNA) der Pilze und der Infizierten untersuchen, um neue Ansätze für Diagnostik und Therapie finden.

Junger Forscher vor mehreren Bildschirmen mit Aufnahmen der Lunge

Schimmelpilze können gerade in den Atemwegen vielfältige Erkrankungen auslösen. Einen neuen Ansatz für Behandlungen sehen Nachwuchsforschende in RNA-basierten Therapeutika, da sie zunehmend zur Bekämpfung von Infektionen eingesetzt werden.

DLR Projektträger / BMBF

Die Bedeutung von Pilzen als Krankheitserreger hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Sie sind weltweit Infektionserreger und verursachen häufig ernsthafte Erkrankungen in ganz unterschiedlichen Organen. Zugleich entwickeln die Pilze verstärkt Resistenzen gegenüber den spezifisch gegen Pilze wirkenden Medikamente, den Antimykotika. Besonders relevant ist der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus. Er kann je nach Immunstatus der Betroffenen allergische Reaktionen oder schwere Erkrankungen auslösen. Bestimmte Moleküle der Ribonukleinsäure (RNA) spielen offenbar eine Schlüsselrolle beim Verlauf der Pilzinfektionen. Genauere Kenntnisse über die Funktionsweise dieser RNA-Moleküle können neue Möglichkeiten der Diagnose und Behandlung von Pilzinfektionen erschließen.

Eine Gruppe von Nachwuchsforschen­den am Leibniz-Institut in Jena rückt daher einerseits die RNA der Schimmelpilze selbst und andererseits die von infizierten Menschen gebildete RNA in den Fokus ihrer Forschung. Ihr Ziel ist es, neue Ansatzpunkte für Therapeutika zu entwickeln. Das Bundes­ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „RFIN – RNA-Biologie von Pilzinfektionen“ bis 2025 mit fast zwei Millionen Euro.

Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus kommt weltweit in allen Klimazonen vor. Er baut vor allem Pflanzenmaterial ab, und durch Einatmen seiner Sporen gelangt er in den Organismus von Mensch und Tier. Trotz seiner großen Verbreitung hat die Forschung zu Infektionen mit diesem Pilz bislang noch keine langfristigen Therapien erschlossen. Bekannt ist: Immunge­schwächte Menschen können schwere Infektionen der Lunge, aber auch des zentralen Nerven­systems erleiden, die zum Tod führen können. Aber auch bei Patienten mit intaktem Immunsystem aber vorgeschädigter Lunge kann der Schimmelpilz in Teilen der Atemwege regelrechte Kolonien anlegen. Zudem können Schimmelpilze allergische Reaktionen etwa in Form des Bronchial-Asthmas hervorrufen.

Der Rolle der RNA in Pilz und Wirt auf der Spur

Ein besonderes Interesse des Forschungs-Teams gilt der Untersuchung von RNA-Molekülen in extrazellulären Vesikeln, die bei infizierten Menschen als Reaktion auf die Pilzinfektion gebildet werden. Über die Funktion dieser kleinen membranumhüllten Bläschen, die sich außerhalb der Zellen befinden, ist bislang nur wenig bekannt. Die RNA-Moleküle in den Vesikeln können möglicherweise als diagnostische Marker dienen, denn ihr Vorkommen könnte anzeigen, ob eine Pilzerkrankung vorliegt oder nicht. Um diejenigen RNA-Moleküle zu identifizieren, die besonders stark bei Pilzinfektionen produziert werden, wird das Forschungsteam sogenannte Flüssigbiopsien aus Blut- und Urinproben untersuchen. Zudem erforscht die Gruppe das antimykotische Potenzial dieser pilzspezifischen RNA-Population, also die Fähigkeit und Intensität, sich gegen den Pilz zu wehren.

Untersucht werden soll zudem die sRNA der Pilze, die für die Regulation von Funktionen zuständig ist. Das „s“ steht dabei für small, also klein, weil diese RNA nur aus einer relativ kurzen Kette von Nukleinsäuren besteht. Die Forschenden wollen herausfinden, was die Pilze besonders ansteckend macht und daraus Ansatzpunkte für Wirkstoffe ableiten. Möglich wäre zum Beispiel, dass Pilze die sRNA als Werkzeug verwenden, um schützende Gene bei den Infizierten abzuschalten und auf diese Weise das Immunsystem zu überlisten. Dr. Matthew Blango, Leiter des Projekt-Teams, erklärt zur Bedeutung des Projektes „RFIN“: „Diese neuen Ansätze für die Diagnose und Behandlung von Pilzinfek­tionen werden unser Verständnis der Pilzinfektionsbiologie verbessern, neue Wege für Behandlung und Diagnose eröffnen und damit direkt der Gesundheit der Gesellschaft zu Gute kommen.“

Über die Richtlinie zur Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das Bundesministerium für Bildung Forschung (BMBF) das Projekt „RFIN – RNA-Biologie von Pilzinfektionen“ von 2020 - 2025 mit fast zwei Millionen Euro. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, die Karriere qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung gezielt zu fördern und die wissenschaftliche Basis in der Infektionsforschung in Deutschland zu stärken.