Verbund

Multiple Risiken - Kontingenzbewältigung in der Stammzellforschung und ihren Anwendungen

Der internationale Diskurs zur Ethik der Stammzellforschung und ihrer Anwendungen erfuhr in den letzten 15 Jahren einen erheblichen Wandel. Er verschob sich von einer Debatte, die sich vornehmlich ethischen Grundsatzfragen widmete, zu einer Diskussion, die nun Chancen und Risiken in den Vordergrund rückte.

Teilprojekte

Abgeschlossen

TP 1: Ethische Analyse

Förderkennzeichen: 01GP1606A
Gesamte Fördersumme: 232.686 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Prof. Dr. Heiner Fangerau
Adresse: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Moorenstr. 5
40225 Düsseldorf

TP 1: Ethische Analyse

Projekt-Internetseite 

Die Untersuchung dieser Diskursverschiebung steht im Zentrum dieses Teilprojektes. Auf der Basis verschiedener Repräsentationen des medizinethischen Diskurses will das Teilprojekt a) rekonstruieren, wie und warum die angesprochene Verschiebung erfolgte, b) die Motoren der Diskursverschiebung identifizieren, c) analysieren, ob und inwiefern der Risikodiskurs moralische Normen des alten Diskurses transportiert und zuletzt d) die Hypothese prüfen, dass moralische Fragen innerhalb des Risikodiskurses sich als wertorientierte Spuren in einer zweckorientierten Welt verstehen lassen. Differenziert nach Stammzelltypen sollen die Argumente für und wider die Ausweitung spezifischer Stammzellforschungen und -anwendungen auf ihren moralischen Gehalt hin analysiert werden. Mittels Datenbankrecherchen sollen die relevanten Beiträge aus Fachzeitschriften und Richtlinien von Fachgesellschaften und politischen Akteuren zum ethischen Umgang mit Stammzellforschung- und Anwendung identifiziert. Auf Basis dieses Korpus sollen im zweiten Schritt systematisch die Hauptakteure des Diskurses ermittelt und in nach Zugehörigkeitsmerkmalen sortiert werden. In einem dritten Schritt sollen die vorgebrachten ethischen Argumente und die Argumente, die Chancen und Risiken adressieren, erfasst und kategorisiert werden. Eine Korrelation der Ergebnisse aus Schritt 2 und 3 soll dazu dienen, institutionelle, nationale, stammzellytypenbasierte und diachrone Differenzgrößen zu ermitteln. Im letzten Schritt sollen dann wertorientierte und zielorientierte Argumentstrukturen analysiert werden und das Verhältnis von Wert- und Zweckorientierung im Diskurs rekonstruiert werden.

Abgeschlossen

TP 2: Politikwissenschaftliche Analyse

Förderkennzeichen: 01GP1606B
Gesamte Fördersumme: 248.369 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Prof. Dr. Renate Martinsen
Adresse: Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Gesellschaftswissenschaften, Institut für Politikwissenschaft
Lotharstr. 65
47057 Duisburg

TP 2: Politikwissenschaftliche Analyse

Vor dem Hintergrund öffentlich ausgetragener Stammzelldebatten und einer dynamischen Entwicklung in diesem biomedizinischen Forschungsfeld wächst die Kontingenz von Entscheidungen, die – sobald sie einen Bezug auf kollektiv verbindliches Entscheiden aufweisen – zu „politischen" Risiken transformiert werden und damit auf politische Entscheidungsträger zurechenbar sind. Durch den Einbezug gesellschaftlicher Akteure in politische Willensbildungsprozesse wird gegenwärtig zunehmend versucht, die Legitimation von politischen Entscheidungen in sensiblen Policyfeldern auf eine sozial breitere Basis zu stellen (Stichwort „Governance"). Im Teilprojekt sollen gesellschaftliche Diskurse zu Chancen und Risiken der Stammzellforschung und ihren Anwendungen mit Mitteln der qualitativen Sozialforschung einer differenzierten Analyse unterzogen und für die politische Praxis fruchtbar gemacht werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die positiven und negativen Visionen, die in den zukunftsorientierten Diskursen transportiert werden, eine steuernde Wirkung in der Gegenwart entfalten sowie Prognosen bezüglich der Anschlussfähigkeit konkreter Entscheidungspolitiken in den unterschiedlichen Bereichen der Stammzellforschung und -praxis an die gesellschaftlichen Kommunikationsprozesse ermöglichen.

Abgeschlossen

TP 3: Rechtliche Analyse

Förderkennzeichen: 01GP1606C
Gesamte Fördersumme: 207.806 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Prof. Dr. Ulrich M. Gassner
Adresse: Universität Augsburg, Juristische Fakultät, Professur für Öffentliches Recht
Universitätsstr. 24
86159 Augsburg

TP 3: Rechtliche Analyse

Das Hauptziel des Teilprojekts besteht in der Analyse und Darstellung des geltenden Rechtsrahmens in der Bundesrepublik Deutschland und der EU für ausgewählte bedeutsame Methoden der Stammzelltherapie und Stammzellforschung vor dem Hintergrund des gegenwärtigen medizin-ethischen und sozialwissenschaftlichen Diskurses und auf Grundlage eines risikobasierten Ansatzes. Das Teilprojekt verfolgt dabei einen zweifachen methodischen Ansatz. Aus einer dogmatischen Sichtweise wird „de lege lata" die geltende Rechtslege für drei ausgewählte Methoden stammzellbasierter Therapie und Forschung analysiert und aufgezeigt. Mögliche Regelungslücken oder Unzulänglichkeiten der bestehenden gesetzlichen Regelungen sollen so erkannt werden. Zu diesem Zweck erfolgt auch eine rechtsvergleichende Betrachtung mit der Gesetzeslage in Großbritannien. Die Analyse der bestehenden Regularien folgt den klassischen juristischen Arbeitsmethoden der historischen, grammatikalischen, systematischen und teleologischen Auslegung; mithin also einem hermeneutischen Ansatz. Ausgehend von dieser Analyse erfolgt in einem zweiten Schritt aus einer normativen Betrachtung heraus die Entwicklung alternativer Lösungsmöglichkeiten für die erkannten Probleme des geltenden Rechtsrahmens. Unter Einbindung der Ergebnisse zum medizin-ethischen und sozialwissenschaftlichen Diskurs aus den weiteren beiden Teilprojekten soll auf diesem Weg ein Gesetzesentwurf erarbeitet werden.