Verbund

BETTER CARE - Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung unbegleiteter junger Flüchtlinge durch gestufte Behandlungsangebote

Viele geflüchtete Menschen haben in ihrem Heimatland oder auf der Flucht schwerwiegende traumatische Erfahrungen gemacht. Auch der Verlust sozialer Bindungen und die Ungewissheit über das Bleiberecht im Ankunftsland münden in hoher psychischer Belastung. Insbesondere unbegleitete junge Geflüchtete tragen ein hohes Risiko, schwerwiegende psychische Gesundheitsprobleme, allen voran eine posttraumatische Belastungsstörung, zu entwickeln. Obwohl viele junge unbegleitete Geflüchtete eine Behandlung benötigen, haben sie nur einen begrenzten Zugang zu wissenschaftlich fundierten Behandlungsangeboten.

Der Forschungsverbund „BETTER CARE“ hat sich zum Ziel gesetzt, einen gestuften Versorgungsansatz speziell für unbegleitete jüngere Geflüchtete zu entwickeln und seine Wirksamkeit mit bestehenden Angeboten zu vergleichen. Dafür wird eine speziell auf Betroffene abgestimmte kultursensible trauma-fokussierte Psychotherapie in die klinische Routineversorgung integriert. Zudem soll ein neues Präventionsprogramm für unbegleitete junge Geflüchtete mit ersten Symptomen posttraumatischer Belastung an kooperierenden Jugendhilfeeinrichtungen angeboten werden. Dabei wird auch die Rolle der Einrichtungsumgebung für die Entwicklungsverläufe der Betroffenen untersucht. Kosten und Nutzen des entwickelten Versorgungsansatzes werden abschließend denen bestehender Behandlungsangebote gegenübergestellt.

Teilprojekte

Evaluation des Versorgungsansatzes, Implementierung einer trauma-fokussierten kognitiven Verhaltenstherapie und einer Schulung für Dolmetscher

Förderkennzeichen: 01EF1802A
Gesamte Fördersumme: 2.094.250 EUR
Förderzeitraum: 2019 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Rita Rosner
Adresse: Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Lehrstuhl für Psychologie I, Klinische und Biologische Psychologie
Ostenstr. 25
85072 Eichstätt

Evaluation des Versorgungsansatzes, Implementierung einer trauma-fokussierten kognitiven Verhaltenstherapie und einer Schulung für Dolmetscher

Seit 2015 leben 60.000-70.000 unbegleitete Flüchtlinge in Deutschland meist in Gruppenunterkünften der Jugendhilfe, die von Sozialpädagogen betreut werden. Unbegleitete Geflüchtete haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung als begleitete Geflüchtete. Bis zu 76% der unbegleiteten jungen Flüchtlinge (UJF) zeigen ein erhöhtes Niveau posttraumatischer Belastung und ein vermindertes psychosoziales Funktionsniveau. Die psychotherapeutische Versorgung der UJF erscheint nicht ausreichend. Barrieren auf individueller, aber auch Systemebene erschweren den Zugang zu einer adäquaten Behandlung. Gestufte Versorgungsansätze sind vielfach vorgeschlagen worden, aber es bestehen nur wenig wissenschaftliche Studien zu ihrer Effektivität und Umsetzbarkeit. Im Teilprojekt 1 soll daher ein gestufter Versorgungsansatz umgesetzt und auf seine Wirksamkeit geprüft werden. Die gestufte Versorgung (BETTER CARE) umfasst: 1) ein Screening der UJF bzgl. des Vorliegens posttraumatischer Belastungssymptome; 2) ein Präventionsprogramms für UJF, die subklinische Symptome posttraumatischer Belastung zeigen durch geschulte Sozialpädagogen; 3) die psychotherapeutische Behandlung von UJF, die eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zeigen, durch geschulte niedergelassene Psychotherapeuten mittels eines evidenzbasierten trauma-fokussierten Verfahrens. Das zweite Teilprojekt adressiert explizit zwei Barrieren, die den Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung für UJF erschweren: die geringe Anzahl an Therapieplätzen für trauma-fokussierte, evidenzbasierte Psychotherapie sowie die sprachlichen Barrieren. Einerseits soll die Versorgung durch die Dissemination und Umsetzung eines trauma-fokussierten, evidenzbasierten Therapieverfahrens verbessert werden. Andererseits wird ein spezifisches Training für Sprach- und Kulturmittler (Dolmetscher) entwickelt und auf seine Wirksamkeit überprüft, da für Psychotherapie mit UJF oft Dolmetscher benötigt werden.

Implementierung und Evaluation eines Screenings und Präventionsprogramms, Gesundheitsökonomie

Förderkennzeichen: 01EF1802B
Gesamte Fördersumme: 1.471.079 EUR
Förderzeitraum: 2019 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Ute Ziegenhain
Adresse: Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
Steinhövelstr. 5
89075 Ulm

Implementierung und Evaluation eines Screenings und Präventionsprogramms, Gesundheitsökonomie

Im ersten Teil des Teilvorhabens wird das gestufte Versorgungsmodell in den 27 BETTER CARE Einrichtungen implementiert. Dies schließt Schulungen für Jugendhilfemitarbeiter und Therapeuten, die Implementierung der präventiven Gruppenintervention "Mein Weg" sowie das gesamte Datenmanagement des Forschungskonsortiums mit ein. Das initiale Screening sowie Symptom-Monitoring aller Studienteilnehmer in BETTER CARE Einrichtungen wird in diesem Teilprojekt umgesetzt. Es beinhaltet Schulungen zur Erfassung der Symptomatik und der Durchführung von "Mein Weg". Die geschulten Jugendhilfemitarbeiter werden durch Supervisoren angeleitet, "Mein Weg" mit 270 unbegleiteten jungen Flüchtlingen (UJF) durchzuführen. Jugendhilfemitarbeiter und niedergelassene Psychotherapeuten erhalten außerdem eine Schulung zum kultursensiblen Umgang mit Traumafolgestörungen bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen. Der zweite Aspekt des Teilvorhabens umfasst die ökonomische Gesamtevaluation des BETTER CARE Modells im Vergleich zur üblichen Versorgung.

Institutionelles Umfeld

Förderkennzeichen: 01EF1802C
Gesamte Fördersumme: 418.552 EUR
Förderzeitraum: 2019 - 2024
Projektleitung: Dr. Heinz Kindler
Adresse: Deutsches Jugendinstitut e.V.
Nockherstr. 2
81541 München

Institutionelles Umfeld

Angesichts der hohen Anzahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge mit posttraumatischen Belastungsanzeichen ist eine Lücke bei der psychotherapeutischen Versorgung und Unterstützung Betroffener entstanden. Ein Lösungsansatz besteht im Aufbau von Stepped-Care-Systemen, die abhängig vom individuellen Bedarf systematisch unterschiedliche Angebote enthalten. Für die genannte Zielgruppe ist dies im geplanten Vorhaben eine psychotherapeutisch angeleitete Gruppenarbeit für weniger belastete Jugendliche und ein individualtherapeutisches Angebote für stärker belastete Minderjährige. Beide Angebote sind bereits erprobt und auf Wirksamkeit geprüft. Beim Zugang zu und während der Behandlung ist eine Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Gesundheitssystem erforderlich. Die Jugendhilfe wird außerdem auch im Anschluss an eine Behandlung benötigt, um den weiteren Weg in die Verselbstständigung zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist ein Verbundforschungsprojekt mit der Katholischen Universität Eichstätt und dem Universitätsklinikum Ulm geplant. In diesem Rahmen soll in der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Gesundheitssystem ein Stepped-Care-Ansatz zur bedarfsgerechten Versorgung traumatisierter minderjähriger Flüchtlinge erprobt und eine Teilstichprobe im weiteren Verlauf begleitet werden.