Für die Workshops wurden unterschiedliche interaktive Formate gewählt, die allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit boten, sich aktiv einzubringen.
Genomchirurgie – neue Allzweckwaffe gegen Krankheiten?
Unterhausdebatte durchgeführt von Frau Kathrin Zinkant, betreut durch Frau Beate Langholf von Wissenschaft im Dialog, teilgenommen haben ca. 70 Personen
Die Unterhausdebatte wurde vom Diskursprojekt „Genomchirurgie im Diskurs“ (GCD2017-18) als interaktives Diskussionsformat in Anlehnung an die britische Unterhausdebatte konzipiert. Sie startete mit zwei kurzen Impulsreden durch Experten. Für die Biomedizin wurde Herr Professor Boris Fehse, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, und als Rechtsexperte Herr Dr. Timo Faltus, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, eingeladen. Moderiert wurde die Unterhausdebatte von Frau Kathrin Zinkant, selbst Biochemikerin und Redakteurin im Wissen-Ressort der Süddeutschen Zeitung. Sie adressierte das Publikum mit konkreten Fragestellungen zum Thema „Genomchirurgie – neue Allzweckwaffe gegen Krankheiten?“. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit ihre jeweilige Meinung durch die Sitzplatzwahl zum Ausdruck zu bringen, ob sie der jeweiligen Frage zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen. Es wurden u. a. folgende Fragen gestellt: Ist mir Gesundheit wichtig? Fühle ich mich zum Thema Genomchirurgie gut informiert? Wäre es vertretbar, Gene zu verändern, um Krankheiten zu heilen oder zu vermeiden? Wäre weitere Forschung für eine Gentherapie bei Brustkrebs oder HIV vertretbar? Wäre Forschung für eine Keimbahntherapie gegen Muskeldystrophie vertretbar? Nach jeder Frage und neuen Sitzplatzverteilung holte die Moderatorin Begründungen zur Entscheidung aus dem Publikum und Einschätzungen seitens der anwesenden Expertinnen und Experten ein. Zu Beginn zeigten sich die Teilnehmenden noch größtenteils skeptisch in Bezug auf eine mögliche Anwendung der Genomchirurgie in der Medizin. Je konkreter der Bezug auf die mögliche Heilung von Krankheiten wie Krebs oder HIV hergestellt wurde, verschoben sich die Positionen in Richtung Forschung im Bereich der somatischen Gentherapie. Am Ende wurde Forschung für eine Keimbahntherapie insbesondere bei lebensbegrenzenden monogenetischen Erkrankungen nicht mehr vollständig ausgeschlossen.
Die sehr rege Teilnahme an der Diskussion zeigte deutlich, dass das Format bei allen Teilnehmenden, insbesondere bei Schülerinnen und Schülern und Studierenden, sehr gut ankam. Durch die niedrigschwellige Art der Meinungsäußerung durch Sitzplatzwahl als auch durch geschickte Moderation und Ansprache des Publikums wurde die Hemmschwelle gemindert, sich in der Diskussion aktiv zu äußern.
Eingriffe in das menschliche Genom: (Wie) Entscheidet die Mehrheit?
Interaktiver Vortrag mit TED-Abfrage durchgeführt von Prof. Dr. Tobias Cantz, Prof. Dr. Hans-Georg Dederer und Dr. Sebastian Schleidgen, teilgenommen haben ca. 55 Personen
Die Forschenden des Forschungsverbundprojekts „REALiGN-HD“ haben die Leitfrage des Vortrages aus den verschiedenen Perspektiven der naturwissenschaftlichen Hintergründe, der Rechtslage und der ethischen Betrachtung aufgearbeitet. Drei Themenbereiche wurden behandelt und das so vorinformierte Publikum wurde jeweils um ein Meinungsbild gebeten.
Zunächst wurde der teils schmale Grat zwischen Therapie und „Enhancement“ an konkreten Beispielen vorgestellt. Die Frage wurde gestellt, ob und wann gentechnische Eingriffe wünschenswert oder notwendig sein können, welche normativen Unterscheidungen aus ethischer Sicht zu berücksichtigen sind, und welche Rechtspflichten und -Freiheiten der Staat und das Individuum dabei haben. Das Publikum zeigte sich zunächst reserviert in Bezug auf die Frage, ob und wann Genom-Editierung beim Menschen angewendet werden sollte. Zur Diskussion stand dabei neben dem Zweck (Therapie oder Enhancement) insbesondere, ob solche Eingriffe beim geborenen Menschen oder bereits in der Keimbahn vorgenommen werden sollten. Im zweiten und dritten Themenbereich wurde die Frage vertieft, in welchem Fall eine Keimbahntherapie als akzeptabel angesehen werden könnte. Dazu wurden wieder systematisch Szenarien dargestellt – was wäre in der Einschätzung anders, wenn die Therapie technisch risikofrei wäre? Welche ethischen und rechtlichen Argumente blieben bestehen? Als Problem wurde hierbei hervorgehoben, dass die Keimbahntherapie sich auf die nächsten Generationen auswirken würde. Auch dazu wurde ein Szenario skizziert, die „Ein-Generationen-Keimbahn-Therapie“. Das Publikum, und somit jeder einzelne, konnte sich so systematisch damit auseinandersetzen, auf welcher Ebene man Vorbehalte gegenüber Genom-Editierung im Allgemeinen und Keimbahntherapien im Besonderen hat. Dadurch leistete dieses Format einen Beitrag dazu, Wissen an die Zuhörer zu vermitteln. Insbesondere die stufenweise Auseinandersetzung mit dem Thema wurde befördert, so dass eine informierte Entscheidungsfindung jedes einzelnen gebahnt werden konnte.
Wann darf man medizinische Verfahren (das erste Mal) am Menschen testen?
Interaktiver Vortrag durchgeführt von Prof. Dr. Dr. Daniel Strech, Merlin Bittlinger, teilgenommen haben 15 Personen
Professor Dr. Dr. Daniel Strech aus dem Forschungsprojekt GEENGOV startete den Workshop mit der direkten Frage an die Teilnehmenden, ob ein ungetestetes Krebsmedikament verschrieben werden sollte. Der Workshop zielte in einem Wechsel aus fachlichem Input und reger Diskussion auf eine Sensibilisierung für die Chancen und Risiken des klinischen Forschungsprozesses, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von Forschung am Tier zur Forschung am Menschen. Dabei wurde zunächst die Struktur des Forschungsprozesses mit entsprechenden Erfolgsraten vorgestellt und anschließend die Frage diskutiert, wann es aus ethischer Perspektive akzeptabel ist, Wirkstoffe am Menschen zu testen – also von der präklinischen in die klinische Forschungsphase überzugehen. Die Fragestellung wurde an verschiedenen Beispielen, auch über die Genom-Editierung hinaus, diskutiert. Von zentraler Bedeutung waren Aspekte der informierten Einwilligung und Schwierigkeiten bei der Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen. Dazu haben die Moderatoren einen Soll-Ist-Abgleich vorgestellt, welche Informationen in Phase I Aufklärungsbogen normalerweise enthalten sind und welche Gütekriterien zur Einschätzung der Studienqualität vor allem in der Tierforschung von den Studienleitern zur Verfügung gestellt, d.h. veröffentlicht werden. Dieser Workshop ermutigte die Teilnehmenden den Forschungsprozess und geltende Veröffentlichungspraktiken zu Studien kritisch zu hinterfragen und mögliche eigene Lösungsideen oder Verbesserungen zu entwickeln.
Intuitive Welt- und Menschenbilder von Jugendlichen zur Gen-Editierung
Workshop für Jugendliche und Erwachsene im Kleingruppenformat, durchgeführt von Dr. Smilla Ebeling, teilgenommen haben 10 Personen
Der Workshop begann mit einer kurzen Vorstellung des Projekts „BAGE: Ethische Bewertungskompetenz und Alltagsphantasien von Jugendlichen und Studierenden zu den Möglichkeiten der Genom-Editierung.“ Im Rahmen des Projekts wurden junge Menschen zu Genom-Editierung und Eingriffen in das menschliche Erbgut befragt, um verantwortungsvolles Handeln und Urteilen anzuregen. Die Teilnehmenden des Workshops diskutierten in drei Kleingruppen à drei bis vier Personen jeweils separat ein vorgegebenes fiktives Szenario. Das Thema war ein Dilemma zwischen zwei jungen Erwachsenen, deren Verwandte sich entschließt durch Gen-Editierung ihres Embryos die Übertragung eines Leukämiegens zu verhindern. Jede Kleingruppe notierte stichpunktartig Werte, Befürchtungen, Handlungsalternativen und grundsätzliche Standpunkte, die dann abschließend gemeinsam ausgewertet wurden.
Der sehr heterogene Kreis der Workshopteilnehmenden spiegelte eine große Bandbreite an Haltungen wider: eine Schülerin, ein Student, Vertreter des Ethikrats, Wissenschaftlerinnen und Vertreter des BMBFs. Von starken Befürchtungen und Vorbehalten bis hin zur Nutzung von Chancen wurden viele Argumente ausgetauscht.
Genom-Editierung – von Therapie über Prävention zu Enhancement
Workshop in Anlehnung an das Debattierclub-Format, durchgeführt von Dr. phil. Minou Friele und Dr. jur. Silvia Deuring; teilgenommen haben 20 Personen
Eingeleitet wurde der Workshop durch einen kurzen gemeinsam von Frau Dr. Friele und Frau Dr. Deuring gehaltenen Vortrag zu den ethischen und rechtlichen Kernthemen in der Debatte über die Genom Editierung in der humanmedizinischen Forschung. Im Anschluss wurden die Teilnehmer/innen in das in der politischen Bildung bereits seit langem erfolgreich verwendete Format der Debatte eingewiesen. Debattiert wurde über folgende Streitfragen: A) Darf man einen Embryo genetisch verändern, um zu verhindern, dass er im Verlauf seines späteren Lebens eine schwere genetische Erkrankung entwickelt? B) Darf man in das Genom eines Menschen eingreifen, wenn der Eingriff einem anderen Zweck als dem der Behandlung von schweren Krankheiten dient?
Wie die rege Beteiligung und die Qualität des argumentativen Austauschs zeigten, kam das Format bei den Teilnehmern/innen sehr gut an. In Rückmeldungen der Teilnehmenden wurde zudem deutlich, dass die vergleichsweise strengen Regeln der Debatte [Zuweisung, ob aus einer Pro- oder Kontraposition heraus argumentiert wird durch die Moderatorin, strikt begrenzte Zeitvorgaben für ein Eingangsstatement (2 min), den argumentativen Austausch pro und kontra (12 min.) und das Resümee (1 min.)] für die kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen und Argumenten als besonders hilfreich erlebt wurden.
Weitere Informationen zum Debattierclub finden Sie auf der Internetseite:
Genschere CRISPR: Gentechnisch oder (fast) natürlich?
Interaktiver Vortrag mit TED-Abfrage durchgeführt von Prof. Dr. Hans-Georg Dederer, Frau Voigt und Herrn Hamburger, teilgenommen haben ca. 45 Personen
Zum Thema der rechtlichen Einordnung der Genom-Editierung bei Pflanzen veranstaltete das Forschungsprojekt „GenEP - Genomeditierung in der Pflanzenbiotechnologie – eine rechtswissenschaftliche Analyse von Regulierungsfragen auf naturwissenschaftlicher Grundlage“ einen Vortrag mit Live-Umfrage. Der Projektkoordinator Professor Hans-Georg Dederer zeigte auf, wie nach dem EuGH-Urteil vom 25. Juli 2018 Mutagenese-Züchtungen je nach verwendeter Technik unterschiedlich rechtlich eingeordnet werden. In den Vortrag wurden Wissens- und Einstellungsabfragen der Zuhörer eingestreut (z.B. „Wissen Sie was unter „Mutagenese“ zu verstehen ist?“ oder „Ich würde Lebensmittel aus Pflanzen, die mit „neuer“ Mutagenese gezüchtet wurden im Supermarkt kaufen.“ ), die ein möglichst spontanes und vielfältiges Wissens- und Meinungsbild aufzeigten. Im zweiten Teil der Veranstaltung stellten die Doktoranden des Projekts GenEP (Frau Brigitte Voigt und Herr David Hamburger) insbesondere Lösungsansätze für eine Neuregulierung vor. Auch dieser Teil wurde durch TED-Umfragen ergänzt. Der Workshop endete mit einer lebhaften Diskussionsrunde, in der die vielfältigen Einschätzungen der Teilnehmenden sowie verwandte Themenkomplexe (z.B. Patentrecht) adressiert wurden.
Interaktiver Workshop, durchgeführt von Dr. Mathias Arlt, Dr. Stephan Schleissing, Dr. Hartung und Henrike Perner, teilgenommen haben 8 Personen
Das Team des ELSA-GEA-Konsortiums führte kurz in die interdisziplinäre Arbeit des Projekts „Ethische, rechtliche und sozioökonomische Aspekte von Genom-Editierung in der Agrarwirtschaft“ ein. Hierin wurden Unterrichtsmaterialen erarbeitet, die u.a. das Thema von Genom-Editierung bei Nutzpflanzen aus verschiedenen Perspektiven schüler-freundlich darstellen und hinterfragen. Einzelne ausgewählte Texte und einzelne Aufgaben aus dem Lehrmittel wurden unter Begleitung der Autoren u.a. von zwei Lehrern, einer Schülerin, einer Mitarbeiterin des Bundestages, zwei Vertreterinnen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und einer Vertreterin des Ethikrates testweise bearbeitet. Die tatsächliche Einbindungsmöglichkeit in den Unterricht wurde in der Gruppe sehr positiv diskutiert. Alle Teilnehmenden waren begeistert und nutzten das Angebot die Materialen mitzunehmen. Insgesamt wurde das Ziel des Projekts sowie des Workshops, nämlich das aktive Nachdenken über Wege, Chancen und Risiken der Genom-Editierung bei Nutzpflanzen, erreicht.
Workshop durchgeführt von Dr. Julia Diekämper; teilgenommen haben 20 Personen
Das Ziel des Workshops war es zu prüfen, wie Natur, Natürlichkeit anlässlich einer öffentlich geführten Auseinandersetzung definiert, redefiniert und im Diskurs mobilisiert werden. Dem Workshop lag eine intensive textliche Auseinandersetzung mit dem Thema Natur und Natürlichkeit vor dem Hintergrund der Genom-Editierung zugrunde, die in Kleingruppen und im interaktiven Austausch erarbeitet wurde.
In Kleingruppen wurden verschiedene aktuelle Texte, wie Stellungnahmen von Forschungseinrichtungen, Erklärtexte oder Zeitungsartikeln inhaltlich und auf Ihre kontextuelle Wirkung hin analysiert. Jede Gruppe erarbeitete ein Schaubild, in dem der erarbeitete Naturbegriff mit anderen Begriffen in Beziehung gesetzt wurde, z.B. Natürlichkeit, Globale Herausforderungen, Gesundheit, Konsum/Lebensführung.
Somit wurde in Bezug auf den jeweils zugrundeliegenden Text herausgearbeitet, welche Wertung der Genom-Editierung zugeschrieben wurde, ob beispielsweise Potenziale oder eher Vorbehalte den Texten zugrunde lagen. So wurden die Narrative in den Medien zum Thema Genom-Editierung nachgezeichnet und ein tieferes Verständnis dafür geschaffen, welche Schlagzeilen das öffentliche Bild zum Thema geprägt haben. Mithilfe der Workshop-Leitung wurden die Inhalte und Formate diskutiert und konzeptualisiert.
In der Rückmeldung der Teilnehmenden zu dem Format wurde die angeleitete strukturierte Textarbeit positiv hervorgehoben, ebenso wie der kritische Austausch mit der gesamten Gruppe.
Interaktiver Workshop, durchgeführt von Herrn Rüdiger Trojok, teilgenommen haben 20 Personen
Der Workshop-Leiter Rüdiger Trojok stellte in einem ersten Teil die Entstehung der Biohacking- und Do-It-Yourself-Biologie Szene an Hand seines eigenen Werdegangs vor. Informationen zu Anwendungsoptionen und der aktuellen rechtlichen Einordnung synthetischer Phagen wurden im zweiten Teil des Workshops thematisiert. Die Workshop-Teilnehmenden diskutierten rege über die Hintergründe von Antibiotikaknappheit, der Rolle großer Pharmaunternehmen und Herausforderungen bei der Regulation von Medikamentenzulassungen. Am Ende des Workshops standen die Workshop-Teilnehmenden dem Thema Phagen als Antibiotikaalternative aufgeschlossen gegenüber.