Das Verbundprojekt 0,6Plus beschäftigt sich mit dem Bakterium Corynebacterium glutamicum, genauer gesagt mit den Wachstumsraten dieses Bakteriums. Im Rahmen des Projektes sollen die Kultivierungsbedingungen von C. glutamicum so optimiert werden, dass das Bakterium künftig in weiteren biotechnologischen Industrieprozessen eingesetzt werden kann.
Innerhalb der industriellen Biotechnologie ist das Bakterium C. glutamicum derzeit bereits eines der "Arbeitstiere" der weltweiten Aminosäureproduktion und als solches für mehr als drei Millionen Tonnen jährliche Produktherstellung verantwortlich. Dabei wird C. glutamicum jedoch aufgrund seiner suboptimalen Wachstumsraten nahezu ausschließlich in Herstellungsprozessen eingesetzt, die zu einem signifikanten Anteil wachstumsentkoppelt ablaufen, d.h. von der Wachstumsrate des jeweiligen Mikroorganismus unabhängig sind. Ziel des Verbundprojektes ist es, mit Hilfe eines systembiologischen Forschungsansatzes die maximale Wachstumsrate von C. glutamicum zu steigern. Dadurch soll der industrielle Einsatz des Bakteriums als Produktionssystem auf den Bereich der wachstumsgekoppelten Produktionsprozesse erweitert werden. Dies betrifft beispielsweise die Produktion von rekombinanten Proteinen wie Insulin oder Impfstoffe.
Es ist geplant, mit Hilfe von genetischen, zellbiologischen und biochemischen Ansätzen unter anderem die Komponenten des Zellteilungsapparates in C. glutamiucm zu untersuchen. Das gewonnene Wissen dient der Konstruktion von Stämmen, in denen Zellteilungskomponenten und deren Regulatoren synthetisch reguliert werden können. Zudem sollen die Kontrollmechanismen zur Koordination der Glykolyse (Abbau von Glukose) und der Substrataufnahme erforscht werden; die Kenntnis dieser Kontrollmechanismen kann dann zur Optimierung der Substrataufnahme in C. glutamicum-Stämmen angewandt werden. So wäre es möglich, eine Grundvoraussetzung für schnelleres Wachstum und erhöhte Produktivität ausnutzen zu können.
Aufgrund der bereits jetzt schon großen industriellen Bedeutung von C. glutamicum würde ein Gelingen dieses Forschungsprojektes ein außerordentlich hohes wirtschaftliches Verwertungspotential mit sich bringen und den Biotechnologiestandort Deutschland in diesem Feld nachhaltig stärken.