Die Entwicklung neuer Therapien für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen gehört zu den zentralen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. Ein Schlüsselproblem hierbei ist der begrenzte Zugang zu menschlichem Gehirngewebe und das Fehlen geeigneter Krankheitsmodelle. Diese sind sowohl für die Erforschung der molekularen und zellulären Krankheitsmechanismen von Bedeutung, als auch für die Entwicklung neuer Behandlungsansätze.
Mit der Verfügbarkeit der neuen Zell-Reprogrammierungsverfahren ist es heute möglich, aus Patienten entnommene Körperzellen in induziert pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) umzuwandeln. Diese Zellen können im Labor gezielt in Gehirnzellen ausdifferenziert werden. Im Verbund ‚Neuro2D3‘ haben sich drei Bonner Expertenteams zusammengeschlossen, um aus diesen patienten-spezifischen induzierten neuralen Zellen in vitro-Krankheitsmodelle der Neurodegeneration zu entwickeln und diese für die Wirkstoffforschung zu nutzen. Das Team von Prof. Brüstle am Universitätsklinikum Bonn wird aus Blutproben von Menschen mit Alzheimer’scher und Machado-Joseph-Erkrankung mit Hilfe verschiedener Verfahren induzierte neuralen Zellen herstellen. LIFE & BRAIN GmbH entwickelt auf dieser Basis neuartige 3D-Zellkulturmodelle, die die charakteristischen pathologischen Veränderungen im Gehirn der Betroffenen in vitro nachbilden können. Für den Einsatz in der Wirkstoffforschung müssen diese Modelle miniaturisiert und für eine automatisierte Produktion angepasst werden. Das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) entwickelt solche Zellmodelle im Mikrotiterplatten-Format. Ganze Bibliotheken bioaktiver Substanzen sollen dann an diesen Modellen mit Hilfe automatisierter mikroskopischer Analysen auf ihre krankheitsmodulierende Wirkung hin untersucht werden. Als nächster Schritt nach Vorliegen der Verbundergebnisse ist die Weiterentwicklung der Testsysteme in Kooperation mit Pharmaunternehmen (Beta Test Trials) anvisiert.