Verbund

Brain4Sight – zellbasierte Reparatur von genetischen Neuroentwicklungsstörungen der Sehbahn

Während der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit können genetische Mutationen den Bauplan des Auges oder bestimmter Hirnareale, die am Sehen beteiligt sind, verändern. Entwicklungsstörungen der Sehbahn sind hochgradig behindernde Störungen. Viele Patientinnen und Patienten leiden zusätzlich unter Symptomen neurologischer Entwicklungsstörungen (z. B. Autismus, Epilepsie, geistige Behinderung). Schweregrad und Symptome von Patientinnen und Patienten mit ähnlichen Mutationen weisen eine große Variabilität auf, deren Ursache weitestgehend unbekannt ist. Diese Variabilität erschwert die Diagnose, das Krankheitsmanagement und die Behandlung erheblich.

Im Rahmen des Verbundes Brain4Sight werden Mutationen in zwei Schlüsselgenen (SOX2 und NR2F1) untersucht, die häufig zu Entwicklungsstörungen im Sehsystem und des gesamten Gehirns führen. Der Verbund Brain4Sight ist Teil des transnationalen ERA-NET NEURON und umfasst jeweils eine Forschungsgruppe aus Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien. Das Konsortium wird verschiedenste Methoden einsetzen (Genomtechnologien, Organoide der menschlichen Netzhaut und des Gehirns, Mausmodelle), um zu verstehen, wie solche Mutationen den Aufbau des Auges und des Gehirns stören können. Diese Erkenntnisse sollen genutzt werden, um zu überprüfen, inwiefern genetische Programme wiederhergestellt und Gehirnzellen umprogrammiert werden können. Die Ergebnisse könnten langfristig zur Entwicklung eines zellbasierten Ansatzes zur Therapie genetisch bedingter Entwicklungsstörungen im Sehsystem und im Gehirn beitragen.

Teilprojekte

Brain4Sight – zellbasierte Reparatur von genetischen Neuroentwicklungsstörungen der Sehbahn

Förderkennzeichen: 01EW2202
Gesamte Fördersumme: 297.954 EUR
Förderzeitraum: 2022 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Benedikt Berninger
Adresse: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Bereich Vorklinik, Institut für Physiologische Chemie
Duesbergweg 6
55128 Mainz

Brain4Sight – zellbasierte Reparatur von genetischen Neuroentwicklungsstörungen der Sehbahn

Mutationen der Gene, die für die Zellkernproteine SOX2 und NR2F1 kodieren, führen häufig zu Entwicklungsstörungen im Sehsystem und des gesamten Gehirns. In dem Vorhaben Brain4Sight sollen zunächst die Gen-regulatorischen Netzwerke, die von diesen Zellkernproteinen gesteuert werden, aufgeklärt werden, was eine verbesserte Diagnostik dieser Entwicklungsstörungen ermöglichen könnte. Die Bedeutung dieser Schlüsselproteine soll auch anhand menschlicher zwei- bzw. dreidimensionaler Modellsysteme ("Organoide") untersucht werden. Der Vorhabenspartner von der Universitätsmedizin Mainz wird sich der Frage widmen, ob die Entwicklungsstörungen des Sehsystems nachträglich korrigiert werden können. Der Ansatz besteht darin, die durch die genetische Störung zugrundegegangenen Nervenzellen zu ersetzen, wobei hier Stützzellen ("Glia") durch Umprogrammierung ihrer Zellidentität in neue Neurone umgewandelt werden sollen. Um die grundsätzliche Durchführbarkeit dieses Ansatzes zu testen, sollen verlorengegangene Neurone der zentralen Schaltstation im Thalamus der Maus, die Retina und zerebralen Kortex verbindet, regeneriert werden. Dabei werden in den Astrozyten des Thalamus Kernproteine überexprimiert, die deren Zellidentität in die von exzitatorischen Neurone umschreiben. Während aus früheren Arbeiten bekannt ist, dass thalamische Astrozyten im nachgeburtlichen Thalamus der Maus in der Tat in Neurone mit thalamischen Merkmalen umprogrammiert werden können, stellt sich hier die Frage, ob diese Umwandlung auch trotz der vorliegenden genetischen Veränderungen in den SOX2 bzw NR2F1 Genen noch möglich ist. Falls nicht, werden die gesunden SOX2 und NR2F1 Gene bei der induzierten Umwandlung miteingeschleust. Die dabei resultierenden Neurone werden dann mit endogenen Schaltneuronen des Thalamus verglichen. Zuletzt wird untersucht, ob diese im Thalamus neu induzierten Neurone auch Antwort im nachgeschalteten visuellen Kortex auslösen können.